Siem Reap

Zusammen mit ca. 10 Khmer in einem Bus fuhren wir am Morgen nach Siem Reap. Es war alles dabei: eine Familie, die in den USA lebt, ein paar Jüngere und eine heiße Truppe von Senioren, die uns ständig getrocknete Bananen anbot. Beim obligatorischen Stopp ergatterte Paul das beste Club Sandwich seit einem halben Jahr und insgesamt ging es recht zügig in die Tempelstadt. Eingecheckt haben wir in einem Guesthouse, das auf nachhaltigen Tourismus spezialisiert ist und so war es entsprechend Hippie-angehaucht – dennoch eine sehr nette Unterkunft. Eigentlich wollten wir uns erst am nächsten Tag in Richtung Tempel aufmachen, aber weil der Sonnenuntergang beim Kauf des Tickets für den nächsten Tag um 17h for free ist, stiegen wir doch ins Tuk Tuk, fuhren zum Ticketschalter und besorgten uns einen 3-Tages-Pass für die Tempel von Angkor. Schon auf dem Hinweg fing es an zu regnen und das nicht zu knapp. Gut, dass wir unsere Regenponchos aus Vietnam dabei hatten. Auch wenn die Sicht dadurch nicht besser wurde, hatte der Regen einen großen Vorteil: Die Touristenmassen verkleinerten sich schlagartig und sie machten sich schnell auf den Heimweg, sodass wir einen kurzen Augenblick fast allein vor den Türmen von Angkor Wat genießen konnten. Überhaupt war die Stimmung beim Sonnenuntergang im Regen, während die Wolkendecke am Horizont doch aufbrach, ganz besonders schön. Mit diesem Willkommensgruß der Tempel fuhren wir durch den abendlichen Stau in Siem Reap wieder heim.

Am nächsten Tag standen wir um 4:30h auf, um nun den Sonnenaufgang an gleicher Stelle nur mit dem Blick in die andere Richtung zu verfolgen. Mit dem Ticket bereits im Gepäck waren wir glücklicherweise verhältnismäßig früh dran und konnten uns einen Platz in einer der ersten Reihen sichern. Wir wussten ja von dem Touristenansturm, aber es war erstaunlich, wie viele Menschen dann doch überrascht waren, dass soooooo viele andere mit ihnen zum Sonnenaufgang kamen – ein Geheimtipp ist das tatsächlich schon lange nicht mehr. Erfreulicherweise hielten sich in „unserer Ecke“ viele an die Etikette und so wurde uns ein ruhiger, bedächtiger und recht schöner Sonnenaufgang geboten. Um den Massen dann aber zu entgehen, haben wir uns Angkor Wat nicht direkt im Anschluss angeschaut, sondern sind kurz vor dem Aufbruch aller anderen mit dem Tuk Tuk zu einem verlassenen See gefahren, wo wir unser Frühstück aus dem Guesthouse in aller Ruhe und ganz alleine genossen. Die einzelnen Tempel (mit Ausnahme von Angkor Wat) öffnen erst um 7:30h, wir hatten also Zeit. Kurz vor halb acht näherten wir uns dem ersten Tempel gegenüber des Sees und siehe da – sogar fünf Minuten vor der Öffnung durften wir die heiligen Hallen betreten. Nur ein anderes Pärchen war mit uns vor Ort und so hatten wir eine herrliche Stunde in dem kleinen Tempel (fast) ganz allein. Solche Momente sind rar in Angkor, weil Millionen von Touristen pro Jahr die Tempelstätte anpeilen. Dadurch sind auch einige Bauten vom Einsturz bedroht, die dann von Holzgerüsten gestützt werden müssen. Ebenso sind Pfade gebaut worden, auf denen die Besucher durch die Tempel gehen. Auf unserem letzten Besuch 2006 gab es all diese Dinge noch nicht, über die Tempel konnte man sogar klettern. Zudem war die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, zu bestimmten Zeiten mit wenigen Touristen in einem Tempel zu sein. Heute ist das fast nicht mehr möglich. So waren auch wir in den übrigen Tempeln in Begleitung anderer, aber das ändert natürlich nichts daran, dass die alte Stadt weiterhin sehr beeindruckend ist (und wir haben sogar ein Dinosaurier-Mosaik gefunden, woher die vor gut 800 Jahren wohl von den Dinos wussten?) und die benannten Maßnahmen sind notwendig, um die Bauten zu erhalten. Auch die Insektenwelt zeigte sich mal wieder von ihrer großen Seite, nach den Kolibri-großen Faltern in Vietnam gab es diesmal einen gut 20cm langen Tausendfüßler.

Am Nachmittag hatten wir dann auf unserer „small circuit“-Tour genug alte Steine gesehen und fuhren zurück ins Guesthouse. Ziemlich geplättet von der Sonne, den Eindrücken, dem frühen Aufstehen und der Kletterei gab es nur ein kleines Abendessen im Guesthose und dann ging es fix auf’s Zimmer zur Nachtruhe. Am nächsten Tag schliefen wir aus und ließen die Tempel Tempel sein. Das Drei-Tagesticket muss nicht zwingend an drei Tagen hintereinander genutzt werden, gut für Reisende mit großem Zeitbudget. Wir schlenderten ein bisschen durch die Stadt, die zwar größer geworden ist, aber (zumindest wirkte es auf uns so) keine wirklichen Fortschritte macht (wie z.B. Kampot oder Phnom Penh). Der alleinige Wirtschaftsfaktor ist Tourismus, es gibt quasi nur Hotels, Restaurants und Bars. Diese wachsen zwar aus dem Boden, der Rest der Infrastruktur wächst aber nicht mit. Abends wartete ein leckeres Essen beim Franzosen und dann ein Livestream zum Pauli- Düsseldorf-Spiel auf uns. Die mitgeschleppten Stadion-Becher haben leider nichts gebracht, Pauli hat verloren, inklusive Eigentor. Herrje, der Klassenerhalt wird jetzt richtig schwierig.

Das mussten wir mit ein paar Bieren verkraften und so ging es am nächsten Tag erst gegen Mittag zurück in die Tempel, dafür aber mit dem Rad. Diese Art, Angkor zu erkunden, war super: eigenes Tempo, spontanes Anhalten, Flexibilität und die Ruhe, den Dschungel auf sich wirken zu lassen. Als erstes haben wir Angkor Wat genauer unter die Lupe genommen. Die ungewöhnliche Zeit (alle anderen aßen Mittag) bescherte uns auch hier teilweise leere Gänge und ruhige Momente. Wie voll es sonst ist, lassen Schilder erahnen, wie man sie aus Vergnügungsparks kennt: „Ab hier warten Sie ca. 45 Minuten.“ Da ist man froh, einfach vorbei spazieren zu können. Das Wetter hat auch mitgespielt und am späten Nachmittag war die Stimmung in der langsam untergehenden Sonne, besonders im Bayon, ganz zauberhaft. Wir schauten noch einmal kurz den Sonnenuntergang an und bevor es ganz dunkel war, radelten wir nach Siem Reap zurück. Abends waren wir zum Essen wieder mal mit Rob und Liz verabredet, die wir vor ihrem Trip gen Südkambodscha nun zum letzten Mal ihrer Reise gesehen haben. Anfang Dezember fliegen sie nach England zurück, wo wir sie bestimmt einmal besuchen werden.

Am dritten Tempeltag fuhren wir wieder mit dem uns bekannten Tuk Tuk-Fahrer durch Angkor („big circuit“) und besichtigten Tempel, die wir bisher noch nie gesehen hatten. Wie in den Tagen zuvor war es sehr schön und beeindruckend. Doch zugegebenermaßen waren wir mittlerweile ein wenig Tempel-müde und fuhren mit wahnsinnig vielen imponierenden Bildern im Kopf am frühen Nachmittag zurück. Wir mussten auch noch packen, weil am nächsten Morgen der Bus um 7:45h für uns nach Phnom Penh losfuhr. Dachten wir zumindest.

Gegen 1:00h fing Pauls Magen auf einmal zu randalieren und ihm wurde schlecht, was in einer sechsstündigen Brech-Durchfall-Dauerschleife mündete. Eventuell war das die asiatische Rache für das leicht belustigte Beschreiben der Seekrankheit einiger Passagiere auf unserer Überfahrt nach Phu Quoc hier im Blog. Um 8:00h war dieser Kampf erstmal vorbei (die Fahrt nach Phnom Penh hatte Miri längst gecancelt), dafür begann das Fieber, das partout nicht aufhören wollte und sich bei 38°C einpendelte. Am Nachmittag, Paul hatte mutig 2 Cracker gegessen und sich dazu dekadent 3 Schlucke Wasser gegönnt, begann dann wieder die Übelkeit und es stand fest: Wir mussten ins Krankenhaus. In Siem Reap sind so viele Touristen, dass man sich auf eine ordentliche medizinische Versorgung verlassen kann. Wir landeten im Angkor International Hospital, das mit dem renommierten Bangkok Hospital zusammenarbeitet. Die Patientenaufnahme, die Blut- und Stuhlgangtests und erste Sofortmaßnahmen wurden ziemlich rasch durchgeführt und nach 1,5 Stunden stand fest: Paul hatte Amöbenruhr. Weiter stand fest, dass wir über Nacht bleiben sollten, weil er schon so dehydriert war, dass es neben dem Antibiotikum weitere Infusionen geben musste. Nachdem Miri ein paar Sachen aus dem Guesthouse geholt hatte, startete die angekündigte Behandlung allerdings immer noch nicht und das Zimmer durften wir auch nicht beziehen. Der Grund: Zwecks Bezahlung stand eine Antwort unserer Versicherung, mit der wir mittlerweile geskypt und für die wir sämtliche Formulare ausgefüllt hatten, noch aus. Um 22:30h hatten wir genug und fragten, ob es eine Alternative gäbe. Nachdem 500$ Kaution von uns gezahlt wurden, hing Paul sofort am Tropf und wir konnten in das Zimmer. Money rules the world.

Die Nacht war im Vergleich zu der komplett schlaflosen davor besser, aber aufgrund einer sehr lauten AC im Zimmer dennoch unruhig. Paul war zudem ein wenig geschwächt und das Sofa, auf dem Miri schlief, ein bisschen schmal. Aber immerhin gab es dafür keinen Aufpreis. Mehrere NSS- und Antibiotikum-Infusionen später ging es Paul besser und auch die Mahlzeiten musste er nicht wieder erbrechen. Der Doc bot Paul am Nachmittag an, das Krankenhaus zu verlassen und in den folgenden Tagen Tabletten zu nehmen. Das nahm er dankend an. Jetzt musste allerdings noch der Papierkram erledigt werden. Drei Stunden und einige Unterschriften später wurden wir vom Krankhauschauffeur ins Guesthouse gefahren, der wohl in den 850$, die der ganze Spaß gekostet hat (und die von der Versicherung ohne Vorleistung von uns übernommen wurden), inbegriffen war.

Im Guesthouse begrüßte man uns herzlich, ohne Probleme konnten wir unseren Aufenthalt um weitere zwei Nächte verlängern. Der anschließende Tag war sehr ruhig, wir spazierten ein wenig durch Siem Reap und beobachteten kontinuierlich Pauls sich bessernden Gesundheitszustand. Der stellte sich glücklicherweise als stabil heraus, sodass wir die Fahrt nach Phnom Penh mit dreitägiger Verspätung erneut in Angriff nahmen. Jetzt sitzen wir im Bus und sollen in 1,5 Stunden in der Hauptstadt ankommen. Weil wir immer noch ein wenig groggy sind, haben wir ein etwas besseres Hotel gebucht, auf das wir uns sehr freuen.