Schlagwort: Mekong

Chiang Khong

Das Boot das uns nach Huay Xai an die latoische Grenze bringen sollte, legte schon um 8:30h ab, daher holten wir uns nur ein paar Sandwiches auf die Hand, um an Board zu frühstücken. Leider bestellte die Dame vor uns acht Sandwiches auf einmal, was etwas dauerte. Im Boot waren dann nur noch Plätze in den letzten Reihen, was eine Platzierung dicht beim Motor bedeutete und recht laut war. Aber nach ein paar Stunden hat man sich auch daran gewöhnt.

Der Lärm konnte nichts daran ändern, dass die Fahrt auf dem Mekong sehr, sehr schön war. Zunächst begleiteten uns malerische Nebelschwaden im Dschungeldickicht rechts und links, die sich langsam auflösten, sodass wir den Ort Huay Xai mit blauem Himmel und Sonnenschein erreichten. Auf Bootsfahrten wie diesen kann man stundenlang einfach auf den Dschungel schauen, die Gedanken schweifen lassen und es erschien uns nach der Ankunft fast unwirklich, dass die Tour neun Stunden gedauert hat.

Am Ziel der Bootsfahrt angekommen, wollten wir gerne noch die Grenze nach Thailand passieren. Der kleine Grenzübergang im Ort hatte schon geschlossen, einen etwas weiter weg gelegenen Checkpoint zu erreichen, war mit einem der offenen Sammeltaxis, dem Songtheo, aber kein Problem. Auch einige andere (mehrheitlich westliche) Reisende hatten diesen Plan, die das Gefährt sehr eilig bestiegen. Am Ende passten wir drei dann nicht mehr mit hinein, auch weil die Eiligen das Gepäck, statt es auf dem Dach zu verfrachten, einfach mit in das Songtheo genommen hatten. In solchen Situationen sind wir es eigentlich gewohnt, dass man als Touris, auch wenn man sich nicht kennt, gemeinsam eine Lösung sucht. Hier wurden wir von den schon im Songtheo befindlichen Reisenden aber einfach nur doof angeschaut und dann ignoriert. (Um unsere Vorurteile zu bestätigen handelte es sich auch eher um die Fraktion Wir-fliegen-nach-Luang-Prabang-und-zwei-Tage-Bootsfahren-reicht-dann-als-Abenteuer, denn danach geht es zurück in das Resort in Phuket).

Wir kamen dann noch in einem Songtheo mit einer thailändischen Familie unter. Auf dem Weg zur Grenze überholten wir zu unserer Freude das andere „Taxi“. Es war mit dem Gepäck und den (dicken) Westlern leicht überladen und schlich auch die kleinsten Anstiege nur noch sehr langsam hoch.

Das Ausstempeln verlief relativ problemlos, auch wenn eine Wochenend-/Verspätungsgebühr von 1$ verlangt wurde. Danach mussten wir auf einen Shuttlebus warten, der uns über den Mekong durchs Niemandsland zur thailändischen Seite brachte. Unsere „Freunde“ waren mittlerweile auch angekommen und kaum ging es ans Beladen des Busses, wurde sich nach vorne gedrängelt, um das Gepäck loszuwerden. Beim Ausladen nach fünf Minuten wurde unser Gepäck natürlich mit als erstes herausgereicht (denn was als letztes eingeladen wird, kommt als erstes wieder heraus), was die Hyänen (so Sarahs Spitzname für diese spezielle Truppe) nicht daran hinderte, das Gepäckfach so lange zu belagern und dabei im Weg zu stehen, bis sie ihre Taschen bekamen. Im Gänsemarsch ging es dann zur Einreise. Ganz Herdentier-gleich sind wir auch einfach (nun wieder ganz hinten) der Masse gefolgt, leider war der Anführer wohl nicht die hellste Kerze am Baum, denn plötzlich kam ein freundlicher Thai, um alle zum Umdrehen aufzufordern und uns an den richtigen Schalter zu führen. Und zack: Aus den Letzten wurden die Ersten. Und zack: Stempel bekommen. Und zack: Zu dritt den kleinen Shuttletransporter in die Stadt gefüllt. Und zack: Der Rest durfte auf den nächsten warten. Und obwohl wir weder gehässig noch nachtragend sind, war doch ein bisschen Genugtuung dabei.

Pak Beng

Nach Pak Beng ging es mit einem kleineren Localbus, den wir erneut als einzige Touristen bestiegen. Ohne Klimaanlage fühlte sich das alles schon sehr viel besser an und der Ausblick aus den Fenstern ließ erahnen, welche schöne Landschaft sich unter den Nebelschwaden und Regenwolken in dieser Region verbirgt. Wir werden in jedem Fall zurückkommen.

Der Weg führte durch das laotische Hinterland, vorbei an zahlreichen Dörfern, in denen unterschiedliche Minderheiten leben, über Berge und Hügel hinweg, mal auf matschigen Passagen, mal auf sehr guten Straßenabschnitten. Wie es sich bei einem Localbus gehört, wurde vielfach gestoppt und Mensch und Ware ein-, um- und ausgeladen. Es war fast so, als sollte Sarah ein vielfältiger Eindruck gegeben werden – es war wirklich viel los während der Fahrt. Von dem Fahren in die falsche Richtung (was nach gut 300m gemerkt wurde und großen Tumult auslöste), über ein sehr ärmliches, barfüßiges und matschverklebtes Ehepaar (das umsonst fahren durfte), nackte Kinder, Plastikhocker im schmalen Gängchen bis zu den wohl am längsten bleibenden Eindrücken: einer Familienkrise. In einem kleinen Dorf wurde der Bus angehalten, eine ältere Frau hievte hektisch einen großen Sack Reis und eine Tasche in den Bus, hintendrein kam eine jüngere Frau mit drei kleinen Kindern. Anschließend wurde krampfhaft versucht, die Bustür zu schließen. Leider funktionierte die Türhydraulik noch (haben wir bisher auch noch nicht erlebt) und die Tür konnte nur vom Fahrer geschlossen werden. Warum die ganze Hektik ausgelöst wurde, offenbarte sich Sekunden später, als ein besoffener (Ehe-?)Mann in der Tür stand und diese blockierte. Erst folgte ein großes Gezeter, dann wurde der Herr langsam ungemütlich. Er versuchte, die (einfach apathisch im Gang hockende) Frau erst zu packen und als das nicht klappte, zog er die Jacke aus und machte Anstalten loszuprügeln. Die Männer im Bus waren schon in den Startlöchern, um einzuschreiten, sie hätten nur über Oma, Mutter und drei Kinder steigen müssen. Wir saßen nun leider direkt neben der Tür links und rechts vom Gang, verstanden kein Wort, hielten unsere Hände vor Frau und Kind und versuchten, ein beruhigendes Ho-ho-ho (klappt ja auch bei Pferden), wenn mal wieder ausgeholt wurde. Am Ende blieb es bei ein paar Luftschlägen und angespannten Minuten. So plötzlich wie der Typ eingestiegen war, stieg er auch wieder aus. Der Busfahrer schloss dann schnell die Tür und weiter ging’s.

Als wir in Pak Beng ankamen, fing es natürlich wieder an zu regnen (Sarah hat uns nicht nur Hamburger Lakritz, sondern auch Hamburger Wetter mitgebracht). Dafür ist es aber ein bisschen wärmer. Der Ort liegt leicht abfallend an einem Berghang am Mekong, ist unspektakulär, aber sehr schön und entspannt. Eine touristische Infrastruktur ist auch vorhanden, da viele Touristen ihn als Übernachtungsstopp nutzen, wenn es von Thailand nach Luang Prabang per Boot geht. Wir werden auch eine Tagesetappe auf dem Mekong verbringen und Laos mit einem Bootstrip verlassen.

Vientiane

Ziemlich viele Touristen haben uns seit Grenzübertritt nach Laos von Vientiane abgeraten und empfohlen, die Stadt zu überspringen. Höchstens für eine Nacht solle man dortbleiben, die Stadt habe einfach nichts zu bieten. Glücklicherweise haben wir den Ansagen nicht ganz, dafür aber unserem Faible für Hauptstädte vertraut – und wurden belohnt. Sicherlich ist Vientiane nicht mit Bangkok zu vergleichen und auch Phnom Penh hat schon größere Schritte hinter sich, aber die Hauptstadt von Laos bietet dafür eine sehr entspannte Stimmung, eine wunderbare Riverside am Mekong mit kleineren Bars und Restaurants, überschaubaren Verkehr und erzählfreudige Bewohner.

Mit Googlemaps ausgestattet ließen wir uns wieder frühzeitig aus dem Songtheo, in das wir nach der Busfahrt verfrachtet wurden (diesmal handelten wir und schlugen für die 10km einen ordentlichen Preis heraus), schmeißen und gingen (oder um genau zu sein: Paul fiel) die letzten 100m zu Fuß. Während des Blicks auf das Handy und die Karte war ein extrem schief angelegter Kantstein in Pauls Weg, es machte „Wummms“ und Paul lag samt großem Reiserucksack auf dem Rücken längs neben dem Bordstein auf der Straße, das Handy 10m weiter. Roland hätte ihn als rote Vientiane-Wegschnecke bezeichnet. Wir sind kurz vorher über eine grüne Fußgängerampel gegangen, weshalb in dem Moment kein Fahrzeug kam, Paul wieder aufstehen konnte und wir nach einer kurzen Sichtung der Schürfwunden weitergehen und -humpeln konnten. Auch das Handy hatte den Weitwurf einigermaßen gut überstanden. An der nächsten Ecke hielt uns ein etwas älterer Motofahrer an, der gesehen hatte, dass Paul gestürzt war. Er erkundigte sich nach seinem Wohlergehen und wollte uns irgendwohin mitnehmen, aber als wir ihm versicherten, dass alles in Ordnung war, fing er an, uns seine Lebensgeschichte zu erzählen. Er war in Deutschland (genauer: der DDR, natürlich), fand Honecker richtig prima, hatte auch nichts gegen Kohl und gab seine wenigen Worte in deutsch zum Besten. Als er allerdings zum vierten Mal ansetzte, um die Geschichte zu erzählen, insistierten wir doch darauf, Pauls Wunden zumindest säubern zu müssen und verabschiedeten uns recht flink von ihm. Das Hotel war nur drei Minuten entfernt und nach kurzem Abtupfen des Arms und der Hände war schnell klar: alles nicht schlimm, der Knöchel war ein bisschen verstaucht, aber für das Gewicht, was da zu Boden ging, Glück gehabt – hat mich etwa einer fett genannt?

So konnten wir am Abend noch in Richtung Mekong aufbrechen, wieder einmal einen wunderschönen Sonnenuntergang genießen, die Flusspromenade, die für Fußgänger angelegt ist, entlang spazieren und in einer Bar einkehren in der es fantastische Gyoza gab. Die Bar erinnerte Paul an das Berlin der 90ger Jahre. Ein paar Stahlträger und Bretter vor einem Abrissbau, fertig ist die Szene-Sushi-Bar in schöner Lage. Aber lieber nicht daran gewöhnen, denn in spätestens 5 Jahren, aber vielleicht auch schon morgen ist der Bau renoviert und etwas ganz anderes an diesem Ort entstanden. Zum Abschluss wählten wir als Abendessen laotisches Barbecue, das an der Riverside angeboten wurde, kehrten noch in eine Karaoke-Bar mit vielen einheimischen Jugendlichen ein (eine echte Karaoke-Bar wohlgemerkt, nicht die verkappten „Edelpuffs“), trauten uns aber nicht ans Mikro und fielen später sehr zufrieden ins Bett.

Am nächsten Tag verlängerten wir gleich unseren Aufenthalt im Hotel, weil uns schnell klar wurde, dass wir all das nicht in zwei Tagen schaffen würden, was wir uns vorgenommen hatten. Weil Weihnachten war, hatten wir uns ein etwas besseres Hotel ausgesucht, das schöne Zimmer und einen Pool hatte. Das angepriesene Gym war leider noch in der Renovierung, was für Paul kein Problem war, da sein Knöchel mittlerweile auf das 3-fache angeschwollen war, für Miri aber etwas schade. Sie hat mittlerweile ein Sportdefizit und steht unter akuter ADHS-Gefahr. Als erstes machten wir uns auf zu einer Apotheke, um einen Verband für Pauls Knöchel zu finden, verweilten anschließend etwas länger in einem Café und unternahmen nur einen Ministadtbummel. Am frühen Nachmittag machte Miri sich dann trotz der Temperaturen auf zu einer Joggingrunde, denn im nahegelegenem Park gab es obendrein noch Fitnessgeräte. Ausgepowert und kurz vorm Hitzekolapps, aber glücklich war sie nach einer Stunde wieder im Hotel. Abends hatten wir eigentlich ein Weihnachtsessen bei einem hochgelobten Franzosen geplant, da unser Hotel allerdings ein Weihnachtsbarbecue ankündigte, schauten wir als erstes dort vorbei. Es wurde ein etwas unweihnachtlicher, aber sehr lustiger Abend. Das weihnachtlichste war „Jingle-Bells“ in einer schlimmen Quietsche-Version in Dauerschleife. Den ganzen Abend durchlief man die dafür typische Musik-Gefühls-Schleife: amüsiert, mitschunkelnd, genervt, ignorierend, aggressiv, verzweifelt, resignierend. Verköstigt wurden wir mit Hähnchenflügeln, Pommes, Fleischspießen, Frikadellen, Salat, Früchten und Bier. Paul schnackte am Buffet noch einen Typen mit, der ganz alleine an seinem Tisch saß und so etwas geht an Weihnachten natürlich gar nicht. Wie sich herausstellte, war er ein in Singapur lebender Londoner, der viel in Asien unterwegs ist (sowohl beruflich als auch privat) und uns einige neue Reiseziele empfehlen konnte. Der Abend wurde länger und wir irgendwann die letzten Gäste. Also setzte sich die verbleibende Bedienung (die laut eigenen Angaben schon früh gemerkt hatte, „that’s the funny table“) mit an unseren Tisch und unsere Asienkenntnisse wurden weiter vertieft. Den Plan, noch weiter zu ziehen, ließen wir bleiben und somit verbrachten wir den Weihnachtsabend gänzlich im Hotel.

Der nächste Tag bestand aus leichtem kulturellen Programm. Ein paar Sehenswürdigkeiten (Wat Si Saket und Haw Phra Kaew) lagen glücklicherweise nahe unseres Hotels, so dass ihre Besichtigung auch mit Pauls Knöchel kein Problem war. Abends holten wir unseren Besuch beim Franzosen nach. Das Weihnachtsmenü war zwar aus, aber wir wurden trotzdem vorzüglich verköstigt.

Am letzten Tag liehen wir uns Mountainbikes und erkundeten damit die Stadt. Wir fuhren den Mekong entlang und schauten uns Pha That Luang und Patuxai an. Abends mussten wir uns nochmal den Night Market und die Promenade anschauen, die Stimmung dort ist so entspannt und fröhlich. Es gibt öffentliche Sportkurse mit Blick auf den Mekong, Inliner, Jogger, Radfahrer, Biertrinker und alle genießen den lauen Abend miteinander. Bevor es wieder in das etwas ländlichere Laos ging, sind wir erneut zu einem Japaner gegangen und haben das vegetarische Sushi probiert. Geht besser, kann man aber machen. Am nächsten Morgen fuhren wir dann per „VIP-Bus“ (mit ganz vielen anderen VIPs), der auch wirklich mal ganz angenehm war, nach Vang Vieng. Wir waren ziemlich gespannt, wie es dort ausschaut, denn Vang Vieng hat eine sehr wechselhafte touristische Entwicklung in den letzten 10 Jahren durchgemacht. Aber die Geschichtsstunde gibt es dann beim nächsten Eintrag.

Don Det

Der Bus fuhr morgens um 8h aus dem tiefen Osten Kambodschas Richtung laotischer Grenze los. Um 10h mussten wir in Stung Treng umsteigen, wofür wir unglaubliche vier Stunden Zeit hatten. Es kamen zwar in der ersten Stunde ein paar weitere Touristen für die Weiterfahrt nach Laos in der unambitionierten Stadt an, zwischen 11h und 14h passierte allerdings nichts weiter. Warum wir nicht schon früher losgefahren sind – wer weiß das schon. In einem Minivan wurden wir innerhalb von 50 Minuten zur Grenze gebracht, wo wir auf kambodschanischer Seite zunächst 1$ Stempelgebühr zahlen sollten. Nach einem unaufgeregten „No, the stamp is for free“ eines französischen Pärchens vor uns mussten wir uns erst gar nicht mit weiteren Anti-Korruptions-Strategien auseinandersetzen und wurden auch for free aus Kambodscha entlassen.

Auf der laotischen Seite war der Einlass dann allerdings ein bisschen komplizierter. Eine Preissteigerung von 100% führte zu 2$ pro Stempel, was bei unserer Gruppe von 13 Leuten 26$ bedeutete. Ein Großteil dieses Geldes wird von den Beamten vor Ort nach oben weitergereicht. Das französische Pärchen war wieder zuerst an der Reihe und weigerte sich, die Stempel zu bezahlen. Nun begann eine unterhaltsame Stunde mit viel Stoff für eine Sozialstudie und Gruppendynamik. Zu den Franzosen gesellte sich eine junge Deutsche, die auch partout nicht zahlen wollte und auch wir waren bereit, erst einmal etwas abzuwarten. Zwei weitere Deutsche, ein Ami und eine Italienerin formierten sich langsam zu einer Gruppe, die ängstlich wurde, dass der Bus, der noch gar nicht in Sichtweite war, ohne sie abfahren würde, wir unsere Pässe nie wieder sehen würden, weshalb sie gerne zahlen wollten. Zwei weitere Amis checkten die unterschiedlichen Positionen ab, ohne aber selbst Partei zu ergreifen. Sie hätten all das mitgemacht, was die Mehrheit wollte. Eine Irin saß die gesamte Zeit still daneben und hat (nach eigenen späteren Angaben) die gesamte Zeit nicht wirklich etwas von dem Hin und Her mitbekommen. Während wir untereinander beratschlagten, was nun am besten zu tun sei, noch als (sich erst seit einer Stunde kennende) Gruppe zusammenhielten, packten die Grenzbeamten ihre Stempel ein, verließen den Raum und waren absolut nicht bereit, den Stempel ohne Geld in die Pässe zu drücken. Dies führte bei einigen Mitreisenden zu erhöhter Nervosität und so wurde die Stimmung innerhalb der Gruppe langsam etwas angespannt. Auf der einen Seite die Wir-zahlen-auf-gar-keinen-Fall-Korruptionsgeld-Fraktion und auf der anderen Seite die Nun-stellt-euch-mal-nicht-so-an-es-sind-doch-nur-zwei-Dollar-Gruppe. Mit einem guten Gespür für den richtigen Moment schlug Paul den Deal vor, mit den Beamten zu handeln und für uns als Gruppe nur 1$ pro Stempel zu fordern. Auch wenn ein junger Deutscher diese Option kaum für möglich hielt („Wir sind hier doch nicht auf dem Markt“), konnte Paul die Beamten davon überzeugen, dass damit allen geholfen war. Die Offiziellen willigten schließlich ein – wahrscheinlich hatten sie auch langsam genug von unserer Hartnäckigkeit – und so durften wir mit der Zahlung von 1$ pro Pass Laos betreten. In dem schäbigsten Bus unserer Reise fuhren wir zum Mekong, stiegen dort in ein Boot und landeten auf Don Det, einer von zahlreichen Inseln zwischen Kambodscha und Laos.

Hier verbrachten wir zwei sehr entspannte, ruhige Tage, an denen wir traumhafte Sonnenuntergänge bestaunen konnten, Räder mieteten und die anliegende größere Insel erkundeten, auf der Miri das Rad auf einer Hängebrücke umkippte und der Rucksack nur um Zentimeter dem Sturz in den Mekong entging. Außerdem feierten wir hier Miris Geburtstag bei einem ausgiebigen Frühstück mit Blick auf den Mekong und abends mit einigen Leuten aus der „Bordercrossing-Gang“ in den einzig beiden geöffneten Bars. Don Det war nicht so überlaufen, wie wir es erwarteten, sodass dort eine sehr entspannte und gechillte Stimmung herrschte – perfekt für die Hängematte. Just an dem Tag, als es anfing zu regnen, machten wir uns auf nach Pakse, der nächst größeren Stadt in Laos.

Tra Vinh

Mit einem der wenigen Taxen in Be Tre, das wir zum Glück auf dem Weg zum Pier anhalten konnten, fuhren wir zum Fluss, um auf einem Cargoboot als Mitfahrer anzuheuern. Nach 2 Minuten Suche hielt ein freundlicher Vietnamese auf seinem Fahrrad an und fragte „May I help you?“. Wir standen schon fast an dem Boot, das noch vollgeladen wurde und nach Tra Vinh aufbrechen sollte, aber da der Kapitän kein Wort englisch sprach, wurde unser Helfer zum Übersetzer und teilte dem Kapitän mit, dass wir mit ihm fahren wollten. Schwups, war das Gepäck eingeladen und nach einer Stippvisite in „unserem“ Café von gestern ging die Fahrt um 9:30h los. Fast hätten wir so eine private Mekongdelta-Tour gehabt, aber nach 15 Minuten hielten wir noch in der Nähe eines Hotels an, wo Rob und Liz zustiegen, zwei Engländer, die ihre Pension genießen und nun drei Monate durch SOA reisen. Aber zu viert ließ es sich auch sehr gut aushalten auf dem Cargoboot, das langsam und gemütlich nach Tra Vinh schipperte. Diese Bootsfahrt war wirklich super. Vorbei an grünen Palmenlandschaften, Kokosnussverarbeitungsstätten und auf riesigen Abschnitten, auf denen sich der Mekong ausbreitete. Die Tour gab Gelegenheit zum Abschalten, sich Treiben lassen und einfach auf das Wasser Schauen. Begleitet wurden wir von unzähligen Booten, wahlweise fast überladen mit Kokosnüssen in verschiedenen Verarbeitungsschritten oder abgepumptem Mekongsand, der zum Bauen verwendet wird. So trieben wir ca. 6 Stunden dahin und erreichten am Nachmittag die angepeilte Stadt. Tra Vinh sollte laut Lonely Planet ein pittoresker Ort und hübsch anzuschauen sein. Leider konnten wir diese Beschreibung inmitten unzähliger Baustellen für massive neue Hotels und in der ansonsten unaufgeregten und unspektakulären Stadt partout nicht nachvollziehen. Zum Glück waren Rob und Liz da, mit denen wir versuchten eine Travel Agency zu finden (das war erfolglos, es gab einfach keine), Abend zu essen (auch erfolglos, die netten Locations hatten nur Joghurtdrinks und Kaffee) und ein Bier zu trinken (erfolgreich!). Ursprünglich wollten wir hier zwei Nächte verweilen und entspannen, aber weil das Hotel recht schlecht war, die AC nicht funktionierte und unser Zimmer somit keine Option zum Bleiben war, beschlossen wir, so schnell wie möglich weiterzureisen. Nach einer Verwirrung an der Rezeption, an der behauptet wurde, wir hätten nur Pauls Reisepass abgegeben, Miris Reisepass aber einfach mit Robs zusammen verwahrt wurde, brachen wir am nächsten Tag in aller Frühe um 6:15h auf, um nach Rach Gia zu fahren, von wo aus die Fähre zur Insel Phu Quoc ablegt.

Ben Tre

Unsere Reise nach Ben Tre ins Mekongdelta begann etwas beschwerlich. Die Abfahrt sollte eigentlich um 8:00h morgens an der Travel Agency sein. Wir schlugen lieber 15 Minuten früher auf, weil die akademische Viertelstunde hier ja manchmal sehr eigenwillig interpretiert wird. Die Agency hatte auch geöffnet, nur war keine Person vor Ort. Als um fünf nach acht immer noch niemand aufgetaucht war, probierten wir einfach mal anzurufen. Das Telefon war ausgeschaltet. Das Gute daran: Wir mussten uns gar keinen Kopf machen, denn es gab keine andere Möglichkeit, irgendetwas zu tun, als zu warten. Gegen 8:30h tauchte dann mal jemand auf und wurde doch ein bisschen hektisch. Am Ende hat es, wie meistens, dann doch geklappt und nach ca. zwei Stunden wurden wir nach einem Taxi, einem kleinen und einem großen Bus irgendwo am Rande von Ben Tre aus dem Bus geschmissen.

Also wurden die Rucksäcke geschultert und wir sind in Richtung Fluss aufgebrochen. Dieses Mal hatten wir uns nicht wirklich um Hotels gekümmert und der Plan war, spontan an der Riverside nach einer Unterkunft zu schauen. Diese war am Ende doch etwas weiter weg als gedacht, weil 3km mit 20kg auf dem Rücken, einem kleinen Paket vorm Bauch und bei 30 Grad inklusive ordentlicher Luftfeuchtigkeit doch recht anstrengend sind. Auf halbem Weg haben wir dann ein Hotel in einer Seitenstraße entdeckt und kurzentschlossen unseren Plan geändert, erst einmal das Gepäck abgeladen, um dann zum Fluss zu spazieren.

Als es erleichtert weiterging, führte uns unser Weg doch tatsächlich an einem COOP vorbei, den wir inspizieren mussten. Miri konnte ihr Glück kaum fassen, denn es gab ungesüßte (H-)Milch und sogar Käse. Also junger Gouda, den Miri in Hamburg nicht mit der Kneifzange anfassen würde, der hier aber erstmal im großen überteuerten Stück gekauft wurde. Mit einem zusätzlich erstandenen Baguette setzten wir uns in den nächsten Park und verzehrten die Beute. Als wir gerade am Futtern waren, kam jemand „zufällig“ vorbeigeschlendert und fing mit den üblichen Fragen an: „Where are you from?“, „What’s your name?“usw., um uns am Ende eine Tour durch das Delta verkaufen zu wollen. Plötzlich vielen ein paar Regentropfen und mit einem: „It’s raining“ war unser potenzieller Guide zu seinem Motorroller gelaufen und abgefahren. Solche Guides kann man gebrauchen, die einen beim leichtesten Problem im Regen stehen lassen. Wir suchten unter der nächsten Palme dürftigen Schutz und hatten Glück, dass sich der Schauer in Grenzen hielt.

Als wir nun endlich am Fluss angekommen waren, konnten wir unserer eigentlichen Aufgabe nachgehen: Wir wollten eine Mitfahrgelegenheit auf einem Cargoboot nach Tra Vinh den Mekong abwärts für den nächsten Tag organisieren. Am Pier war das Einzige, was uns erwartete, ein weiterer Schauer und so flüchteten wir uns ins nächste „Café“. Für Paul gab es eine schon leicht ausgeblichene Cola und für Miri einen Eiskaffee (hoffentlich nicht mit dem Eis, das nebenan direkt auf der Straße zerkleinert wurde). Der Besitzer war willens, unsere dürftigen Versuche in Zeichensprache zu verstehen und erklärte uns pantomimisch hervorragend, wann wir morgen wo zu sein hätten, um auf einem Boot anheuern zu können. Glücklich alles geklärt zu haben, freute sich – insbesondere Paul – auf einen ruhigen Nachmittag ohne Verpflichtungen, als sich Guide Nummer 3 neben uns setzte und einen individuellen Kurztrip anbot. Allerdings müsste es schon in 10 Minuten losgehen, weil es hier ja bereits um 18:00h dunkel wird. Nach kurzem Hin und Her haben wir zugeschlagen und es nicht bereut. Auch wenn die Tour anders verlief, als wir uns es vorgestellt hatten, war es wirklich gut. Neben einer Bootstour durch das Delta (bei der unser Captain nach 5 Minuten ins Wasser musste, um die Schraube von Treibgut zu befreien) mit kleinem Motorboot gab es einen Besuch in einer offensichtlich auf Touristen eingestellten Kokosnussverarbeitung (auch wenn wir die einzigen Touris waren), einer offensichtlich nicht auf Touris eingestellten Kokosnussplantage (inkl. Kokosmilch aus einer frisch vom Baum geschnittenen Nuss), eine Wanderung über eine Insel, bei der uns verschiedenste Dinge erklärt wurden, und eine kleine Ruderfahrt durch schmale Seitenarme des Mekongs. Pünktlich zur Dunkelheit waren wir wieder zurück. Bevor wir uns verabschiedeten, fragten wir unseren Guide noch, ob er Regen erwarten würde, was verneint wurden. Der Guide war weg und der Regen kam – kennen wir ja –, und zwar in Ausmaßen und einer Dauer, die wir, zumindest diesen Urlaub, noch nicht erlebt haben.

Nach 30 Minuten wurde es dann doch langweilig und wir erstanden ein bisschen bessere Regencapes und machten uns auf zur im Lonely Planet gelobten Pizzeria der Stadt. Diese wurde nach einigem Suchen gefunden, denn obwohl der LP vom August dieses Jahres ist, war die Pizzeria schon wieder umgezogen. Die Pizza und Lasagne waren für vietnamesische Verhältnisse gut, außerdem durften wir die Bekanntschaft eines älteren Schweden machen, der mittlerweile schon seit 15 Jahren in Vietnam lebt und etwas einsam wirkte. Kurzentschlossen baten wir ihn an unseren Tisch. Der Abend wurde dadurch nicht kürzer und so wurden es statt einem ruhigen Nachmittag und frühes ins Bett-Gehen eher eine erlebnisreiche Flusstour und ein politischer Meinungsaustausch bis in die Nachtstunden. Früh aufgestanden wurde trotzdem, da wir, um das Cargoboot zu bekommen, nicht nach 8:00h am Pier sein sollten.