Schlagwort: Moto

Ye

Mit dem local bus fuhren wir morgens um 9:15h los nach Ye, 160km südlich von Mawlamyaing. Trotz des Darminfekts machten wir uns auf die vier Stunden lange Fahrt. Wir freuten uns auf jede Pause, obwohl die Bedürfnisanstalten es leicht mit der „dreckigsten Toilette Schottlands“, in die Renton abtauchte, aufnehmen konnten. Als wir die Stadt erreichten, wurden wir sogar von einem Mitarbeiter unseres Hotels abgeholt. Die Unterkunft war brandneu, um genau zu sein: Sie hatte seit vier Tagen geöffnet. Wir wollten eigentlich in ein anderes Guesthouse, von dem wir dachten, es wäre das einzige, welches aber ausgebucht war und uns stattdessen dieses neue Hotel empfahl. Ein Anruf dort genügte und das Doppelzimmer war reserviert. Daraufhin rief uns „unser“ Hotel mehrmals täglich an, um das Zimmer noch einmal zu bestätigen oder uns immer wieder darüber zu informieren, dass sie einen Pick-up von der Busstation anbieten. Den haben wir (mehrfach) gerne angenommen und trotz der gesamten verhältnismäßig intensiven Kommunikation war der Pick-up-Fahrer bei unserer Ankunft in Ye überrascht, dass wir zu zweit waren und dann auch noch beide Gepäck dabei hatten. Er war nur mit einem Moto gekommen. Mit Blick auf unsere Rucksäcke murmelte er kurz „Let me think how I manage this“, packte dann aber entschlossen beide Rucksäcke auf die Fußablage, Miri hinten drauf und fuhr so in der ersten Runde zum Hotel. Paul wurde dann im Zuge der komfortablen zweiten Fahrt alleine nachgeholt. Dort angekommen, wurden wir erst einmal gefragt, wie wir auf Ye gekommen sind, da hier sonst kaum Touristen auftauchen. Miri hatte von diesem schönen ursprünglichen Örtchen im Lonely Planet gelesen und da wir nicht schon wieder eine ewige Busfahrt bewältigen wollten, hatten wir beschlossen, hier einen Zwischenstopp einzulegen. Als Paul dann mal nachlesen wollte, was man hier so machen kann, stellte sich heraus: Ups, Ye steht gar nicht im Lonely Planet, sondern ist nur in der Karte als Ort zwischen Mawlamyaing und Dawei markiert – aber nun waren wir schon mal hier. Ein Hotel einzuweihen war ja auch wieder eine neue Erfahrung und die tat hier besonders gut, weil wir noch ein bisschen groggy von dem Darminfekt waren, der uns in der Nacht zuvor nur schlecht schlafen ließ. Das Zimmer war blitzblank und es schien, als hätte es noch niemand benutzt. So fielen wir erst einmal ins Bett und ruhten uns ein wenig aus. Am späten Nachmittag spazierten wir noch ein wenig durch das Städtchen, das mit seiner Lage an einem See und an einem Fluss einen sehr entspannten Eindruck machte. Abends schauten wir einen Film, bevor wir wieder in die Federn fielen.

Am nächsten Morgen gingen wir den Tag ebenso gemütlich an, wie jener zuvor aufgehört hatte. Ohne große Zeitnot erkundeten wir den Ort nun etwas gründlicher. Wir gingen in Richtung See, der voll besetzt ist mit Fischen, die wiederum nicht gefischt werden dürfen, weil sich in der Mitte des Sees eine Pagode befindet. Heiligtum eben. So kann man natürlich auch Natur und Umwelt erhalten: Schöner Wald oder schöner Berg, Pagode drauf, zack! Geschützt. Manchmal kann es so einfach sein. Auf dem Weg um den See sprach uns mal wieder ein junger Burmese an, der versuchte, sein Englisch zu trainieren. Es war zwar nicht sehr einfach, aber für die Bundesliga reicht das Vokabular immer. Danach besichtigten wir zwei Pagoden (die eine auf dem See, die andere mitten in der Stadt) und schlenderten über den Markt, der so langsam seine Pforten schloss. Wir hatten am Tag zuvor zwei Möllner getroffen, die zum Sonnenuntergang gerne mit uns zum See gehen wollten. Gesagt, getan, und so verbrachten wir den späten Nachmittag und das Abendessen in ihrer Gesellschaft. Die beiden reisen regelmäßig nach Asien und das auch schon seit zehn Jahren. Er war innerhalb der (Flughafen-)Securitybranche tätig und als Bundespolizist im Kosovo und in Afghanistan. Darüber wollte er erst nicht so richtig sprechen, aber mit der Zeit und nach etlichen Reisegeschichten ist er warm geworden und so konnten wir uns noch spannende Geschichten von Naomi Campbells Geburtstagsfeier in Saint Tropez und internationalen UN-Missionen in Kabul anhören. Von letzterer war er allerdings tief enttäuscht, weil er zunächst sehr motiviert und mit klaren Zielsetzungen nach Afghanistan gegangen war, um dann festzustellen, dass sich der gesamte Aufwand nicht gelohnt hat. Diese Frustration hat er bis heute spürbar nicht ablegen können. Das Reisen in seinem vorgezogenen Ruhestand kompensiert das wohl ein bisschen.

Am nächsten Morgen liehen wir uns wieder einmal ein Motobike, was jetzt doch wieder möglich war, und fuhren in Richtung Strand, der in dieser Gegend Burmas noch sehr unangetastet ist. Leider sind viele Abschnitte sehr vermüllt – ein Problem, das Burma generell in den Griff bekommen muss. Wir fanden dennoch einen Strand, der sich bestimmt 2km die Küste entlang schlängelte und sauber war. Dort trafen wir drei Deutsche, die auf einem Moped von Mandalay aus in den Süden gefahren sind. Das ist wirklich noch eine Rarität in Burma, aber offensichtlich geht auch das. Mit ihnen zusammen sind wir auf die Suche nach einem Wasserfall aufgebrochen, der aber aufgrund der Trockenzeit nicht existierte. So trennten sich unsere Wege wieder und wir fuhren alleine zurück durch das Hinterland, in dem (noch) fast keine Touristen unterwegs sind. Miri hatte sich schon immer gefragt, ob die Eier, die hier massenweise angeboten werden, auch in so etwas wie Legebatterien hergestellt werden. Und siehe da: Auf dem Rückweg nach Ye stand recht verlassen ein riesiger Hühnerstall, den sich Miri etwas genauer anschauen wollte. Weil eine solche Inspektion anderswo nicht immer auf Gegenliebe stößt, war sie sehr vorsichtig, als sich ein Einheimischer näherte. Doch er lud sie ein, in den Stall zu gehen, dort Fotos zu machen und sich alles einmal genau anzusehen. Er war richtig stolz, seine „Farm“, die sich von den Legebatterien in Europa nur durch die Frischluft unterscheidet, zu präsentieren. Damit hätte sich nun auch die Frage nach der Eierproduktion geklärt.

Das nächste Ziel unserer Moto-Tour war der Banana Hill, auf dem – natürlich – eine Pagode stehen sollte. 2km vor dem Erreichen des Ziels hatten wir mal wieder einen Platten. Die Dichte der kaputten Hinterreifen ist für unsere Reise so langsam Rekord. Dummerweise strandeten wir dieses Mal an einer stark befahrenen Straße, an der kein Auto Anstalten machte, uns zu helfen. Ein Ort war weit und breit nicht zu sehen, dafür kilometerlange Kautschukplantagen. Weil wir ohnehin keine andere Wahl hatten, stapfte Paul einfach mal in eine dieser Plantagen rein. Die Familie, die er traf, sagte nur kurz „Hallo“ und ging dann weiter seiner Arbeit nach, als würde hier jeden Tag eine behelmte Langnase auftauchen. Die Gesprächsaufnahme musste daher mehrfach versucht werden. Am Ende kam Paul mit sieben Burmesen im Gleichschritt aus dem Wald zurück (Paul und seine sieben Zwerge). Eine ganze Familie wollte nun live sehen, was er ihnen vorher versuchte mit Handzeichen zu erklären. Aha, ein Platten! Miri wurde dann an die Hand genommen und auf den Roller des Vaters (?) gesetzt und Paul sollte langsam hinterherfahren. Also los. Nach fünf Minuten landeten wir tatsächlich bei einem Mechaniker am Straßenrand. Eine Entlohnung wollte „unser Fahrer“ nicht haben und er düste recht schnell wieder ab. Der Reifen war dann sehr fix repariert und so konnten wir sogar noch den Banana Hill kurz besichtigen, bevor wir zurück nach Ye brausten. Nach dem Abendessen mussten wir noch packen, denn am nächsten Tag wollten wir, obwohl es sehr schön hier war, weiter. Dieses Mal mit dem Zug, der für 160km acht Stunden brauchen sollte – wir waren gespannt.

Mawlamyaing

Mit der Aussicht auf die letzte Nachbusfahrt unserer Reise stiegen wir recht gelassen um 18h in den Bus nach Mawlamyaing. Die lange Distanz in den Süden mussten wir ohnehin bewältigen, sodass wir eher stoisch unsere Plätze einnahmen und den defekten Lautsprecher über unseren Sitzen, aus dem neben lauter Musik fälschlicherweise kalte AC-Luft kam, in aller Ruhe mit Eintrittskarten und Tesafilm zuklebten. Diese Fahrt von zwölf Stunden nehmen eher wenige Touristen in Kauf, zumindest waren wir die einzigen Nicht-Asiaten an Bord. Selbst an der Raststätte konnten wir keinen Westler entdecken, auch wenn dort mit uns mindestens zehn Busse Halt gemacht hatten. Die Fahrt verlief friedlich, wir konnten einigermaßen gut schlafen (obwohl es kein VIP-Bus war, bei so wenig Touristen lohnt es sich nicht) und kamen morgens um 5:30h in Mawlamyaing an. Der Taxifahrer, der uns vom Busbahnhof zum Hotel brachte, hupte in aller Frühe die Angestellten samt Chef aus dem Schlaf und nachdem das Hotel-Gatter geöffnet war, durften wir eintreten. Etwas entschuldigend begrüßten wir die Mannschaft mit „Sorry, we are a little early“, woraufhin der an einen Orang-Utan aus dem Dschungelbuch erinnernde Chef nur „I know“ erwiderte. Er war ein lupenreiner Morgenmuffel und nachdem er sich zehn Minuten mit was auch immer beschäftigte, ließ er uns schließlich doch einchecken. Frühstück wurde übrigens jeden Morgen auf das Zimmer gebracht – allerdings irgendwann zwischen 7:30h und 9:00h. Dazu wurde laut an die Tür geklopft (egal, ob man noch schlief) und es gab immer dasselbe: In Öl getränktes Toast mit einer Eischicht verziert und dazu einen 50g-Haufen Zucker. Eine recht spezielle Praktik, aber mal etwas anderes.

Nach einer Rutsche Schlaf liehen wir uns Räder und erkundeten den an zwei Flüssen liegenden Ort, in dem sowohl George Orwell als auch Rudyard Kipling für ihre literarischen Werke Inspirationen fanden. Beide waren von der Stadt damals sehr angetan. Tatsächlich war es schön zu sehen, wie hier zwischen Kolonialbauten Moscheen, Hindu-Tempel, Kirchen und Pagoden (fast) gleichberechtigt ihren Platz finden (die Pagoden haben natürlich immer noch die Oberhand) und wie friedlich die Religionen nebeneinander ausgelebt werden. Andererseits suchten wir vergeblich den besonderen Charme, der diese Inspiration ermöglichte. Die Erklärung dafür erhielten wir an unserem Abfahrtstag, als wir einen seit 40 Jahren in Australien lebenden Burmesen, der in Mawlamyaing aufgewachsen war, trafen. Er erzählte uns von den pulsierenden Straßen, den unzähligen Waren, die von hier aus in alle Welt verschifft wurden und die Lebensfreude, die hier einmal geherrscht hatte. „Now I just see a dead city“ war sein abschließendes Urteil. Auch die politische und wirtschaftliche Öffnung von Burma seit 2010 habe seiner Ansicht nach nicht zu einer Veränderung geführt. Immer noch säßen die gleichen Generäle in den gleichen Positionen, Korruption grassiere und die Rechtsprechung existiere quasi nicht. Sein Eindruck deckte sich mit unserem von Mawlamyaing und es wird sich zeigen, ob die jüngere Generation noch einmal den Elan und Schwung zur Umgestaltung der Strukturen im Land aufbringen kann oder ob Burma in den kommenden Jahrzehnten in der jetzigen Lethargie mit ihren nicht wirklich gerecht gestalteten Bedingungen steckenbleibt.

Am zweiten Tag unseres Aufenthalts mieteten wir uns ein Moto (einen Benziner zu leihen, war hier im Gegensatz zu Bagan gar kein Problem), um ein bisschen die Umgebung kennenzulernen. Als erstes ging es auf eine kleine Pagode, die auf einem Karstfelsen gelegen war. Auch hier galt wie bei allen Heiligtümern in Burma: Schuhe aus! Also aus den Flipflops geschlüpft und an den Aufstieg gemacht. Es war kurz nach Mittag und die Sonne hatte ihre volle Kraft und so wurde das Kinderspiel „Der Boden ist Lava“ voller Ernst. Dunkle Steine hieß es zu meiden, aber auch helle Flächen waren teilweise zum Verbrennen heiß. So hasteten wir von Schatten zu Schatten. Am Ende musste Miri feststellen, dass der Buddhismus auch nur eine doofe frauenunterdrückende Religion ist. Der höchste Aufstieg blieb dem Weibsvolk mit einem deutlichen „NO“-Schild verwehrt. Bevor es wieder Richtung Hotel ging, besuchten wir noch einen riesigen, begehbaren liegenden Buddha und obwohl dieser noch nicht ganz fertig gestellt war, wurde schon am liegenden Nachbar gewerkelt. Im Inneren waren etliche Szenen aus der Unterwelt sehr anschaulich nachgestellt – etwas schräg das Ganze.

Abends gingen wir dann zu einem auf Tripadvisor empfohlenen Inder und obwohl wir in Burma wirklich an jeder Ecke essen und vieles von der Straße gekauft haben, holten wir uns hier in einem ordentlich ausschauenden Restaurant einen gesalzenen Reisedurchfall.

Bagan

Beim Einstieg in den Nachtbus des Premiumanbieters mussten wir immerhin nicht sofort drei Kleidungsschichten anziehen, die Temperaturen waren tatsächlich erträglich. Auch die sonstige Ausstattung war besser, als wir es gewohnt waren. Breite, bequeme Sitze (wahrscheinlich ausrangierte Business-Class-Flugzeug-Sessel), gute Decken, kein burmesischer Film in lauter Dauerbeschallung für alle Passagiere, sondern ein Entertainmentsystem im Sitz des Vordermanns. Die Nacht startete also unter guten Voraussetzungen und Paul konnte so eine seiner besten Fahrten hier in Asien erleben. Miri hatte allerdings den kälteren Platz am Fenster erwischt, wo die Klimaanlage angebaut war, die im Laufe der Nacht ordentlich pustete. So war ihr Fahrterlebnis zwar sehr bequem, aber dennoch kalt. Wenn wir die Chance haben, werden wir das nächste Mal aber wieder einen Premiumanbieter wählen. Die paar Euro mehr lohnen sich in jedem Fall.

Morgens um 4:00h in Bagan angekommen freuten wir uns (insbesondere Miri sich) über die recht warmen Temperaturen. Wir wurden vorgewarnt, dass es nachts sehr kalt dort ist, aber die 15°C waren kein Vergleich zu den 7°C am Inle Lake. Mit einem schwedischen Pärchen teilten wir uns ein Taxi zum Hotel, wo wir netterweise ein Zimmer für den Morgen beziehen durften, um noch eine Rutsche Schlaf zu bekommen. Um 11:00h zogen wir dann in unser Zimmer um und der Bagan-Besuch konnte beginnen. Der erste Tag war geprägt von einem gemütlichen Frühstück, einer kleinen Erkundung der noch kleineren Stadt und ein paar Drinks in der einzigen Location, die man hier „Bar“ nennen kann. Wie in Yangon und am Inle Lake hat auch diese um 23:00h geschlossen – das Nachtleben in Burma existiert quasi nicht. Aber da wir am nächsten Tag ohnehin die Tempel anschauen wollten, war das in unserem Sinn.

Auf Elektrorollern (das einzige motorisierte, individuell erlaubte Fortbewegungsmittel für Touristen) ging es also am Morgen in Richtung Tempellandschaft von Bagan. Wir freuten uns über die E-Roller, da sie nicht nur ökologisch angebracht, sondern auch so schön leise waren, wunderten uns dennoch über dieses vorbildliche Verhalten der (Militär-)Regierung. Abends fiel uns dann auf, dass der wahre Grund wohl die sehr beschränkte Reichweite ist. Spätestens nach 40km muss man sein Vehikel wieder laden und benötigt dazu die passende Infrastruktur. Längere (oder sogar mehrere Tage andauernde) Ausflüge, wie z.B. in Laos, sind so nicht möglich und die Regierung behält die Kontrolle über den Bewegungsradius der Touris. Dazu passt auch, dass bei jeder Reise (egal ob per Bus oder Boot) der Ausweis vorgezeigt werden muss und Name, Passportnumber etc. schriftlich festgehalten werden.

Wir hatten zunächst absolut keinen Plan von Bagans Tempelanlage und fuhren einfach los. Das hatte den Vorteil, dass wir uns überraschen ließen von dem, was kam, aber abends merkten wir auch, dass wir ziemlich wichtige und imposante Tempel komplett ausgelassen hatten. Diese setzten wir schnell auf unsere – nun geplante – Route für den nächsten Tag, an dem wir das Weltkulturerbe somit etwas strukturierter besuchten. Die Erkundung von Bagan war uns auf diesen beiden verschiedenen Wegen möglich, weil die über 2.000 Tempel, die durch Feuer und Erdbeben zuletzt im August 2016 von 4.000 auf die Hälfte geschrumpft sind, auf einem riesigen Gelände verteilt sind. Landschaftlich erinnert das Ganze an eine afrikanische Savanne und es ist ähnlich staubig und trocken. Dadurch herrscht dort eine ganz spezielle und unwahrscheinlich schöne Stimmung. Es war fantastisch, einfach (geräuschlos) durch die Gegend zu fahren und immer wieder irgendwo auf Tempel zu stoßen, wo man es so gar nicht vermutet hätte. Weil es davon auch so viele gibt, kommt es häufiger vor, dass man ganz alleine zwischen den alten Steinen herumläuft. Sonnenauf- und -untergang auf einem der Tempel mit Blick auf die Steppe und Tempellandschaft sind hier Pflicht und weil wir zu Beginn das Terrain noch nicht kannten, landeten wir an einem vom Lonely Planet ausgewiesenen „Alternativtipp“, der mittlerweile ein echter Hotspot geworden ist. Die Sicht ist dafür natürlich großartig und so bestaunten wir inmitten ziemlich vieler Touris, die uns aber immer noch Mengen-mäßig an das Angkor von vor zehn Jahren erinnerten und damit für eine solche historisch bedeutsame Anlage sehr erträglich waren, das wunderschöne Ab- und Aufsteigen der Sonne. Für den zweiten Sonnenuntergang fanden wir dann sogar noch einen abgelegenen Tempel, auf dem wir das Licht- und Stimmungsspektakel mit nur neun weiteren Besuchern beobachten konnten. Bei Vollmond ging es dann mit den E-Rollern zurück ins Hotel. Von der Atmosphäre in Bagan werden wir noch lange zehren, sie war einfach einmalig.

Luang Prabang

Von Vang Vieng nach Luang Prabang führen zwei Straßen, wobei man auf der neueren gut zwei Stunden weniger braucht, dafür ist diese allerdings so steil, dass normale Busse nicht hinaufkommen. Also saßen wir mal wieder in einem Minibus, weil wir die zwei Stunden gerne sparen wollten. Der Bus war glücklicherweise nicht überbelegt, sondern entsprach genau dem Kriterium „one seat, one person“. Die Umgebung, die an unseren Fenstern vorbeizog war malerisch und die Straße größtenteils neu asphaltiert, der Fahrer umsichtig und wir wurden mit wirklich tollen Ausblicken belohnt. Nach der Hälfte der Strecke wurde der Bus getauscht und jeder Fahrer konnte wieder mit neuen Passagieren in seinen Heimatort zurückkehren. Soviel planerische Leistung hatten wir den Logistik-Laoten gar nicht zugetraut.

In Luang Prabang hatten wir telefonisch ein Hostel vorbestellt, das uns von unserem Guesthouse „Pilgrim’s Kitchen“ in Savannakhet wärmstens empfohlen worden ist. Es dauerte eine Weile, dieses zu finden, weil es im kleinsten Gässchen der kleinen Gassen beheimatet war. Ansonsten war es zwar nichts Besonderes, aber tadellos.

Die Mönchsstadt mit ihren zahlreichen Wats ist wunderschön anzuschauen und wirklich toll gelegen. Allerdings ist sie auch komplett auf den Tourismus ausgelegt, sodass es außer Hotels, Restaurants und Souvenirläden eigentlich nichts gibt. Uns kam diese, auf die „westlichen“ Bedürfnisse ausgelegte, Stadt aber gerade recht, immerhin war es der 31.12. und wir hofften trotz Sperrstunde um 23h noch irgendwo ins neue Jahr feiern zu können. Einen Tag vorher hatten wir, einer Eingebung Pauls folgend, noch kurz Katie, die zur Laos-Bordercrossing-Gang gehörte und schon Miris Geburtstag mit uns gefeiert hatte, angeschrieben und gefragt, wo sie zurzeit ist. Eigentlich war sie uns schon seit Don Det immer einige Stationen voraus, aber hier sollten sich unsere Wege wieder kreuzen. Wir trafen uns also mit Katie zum Abendessen am Mekong und zum Glück verweilte Katie schon länger in Luang Prabng und wusste, wo „die Party“ stieg. Wir machten uns mit ihr also auf zum Utopia, wo wir um 00:00h zumindest ein Feuerwerk hörten. In diese Mischung aus Bar und Freiluftdisco zog es an diesem Abend alle, die nicht nur gut essen gehen wollten. Das Publikum war zwischen 20 und 40 und international. Dabei waren Nationaltäten aus Europa, Süd- und Nordamerika, Korea, China, Japan, Australien und Neuseeland – leider fehlten die Laoten, sie gab es nur hinter der Bar. Um 2h war dann doch Schicht im Schacht und wir gingen zufrieden nach Hause.

Am nächsten Tag begrüßte uns Laos, um ja kein Heimweh aufkommen zu lassen, ganz hamburgisch. Es war frisch und grau und es nieselte in einem durch. So konnten wir ohne schlechtes Gewissen lange im Bett bleiben, den Tag über Netflix schauen und uns nur zum Essen rausbewegen.

Erholt ging es am nächsten Tag früh los auf eine Mountainbike-Tour. Wir hatten den „Chicken-Run“ gebucht, um mal wieder unsere fahrerischen Grenzen austesten zu können. Das Wetter war bedeckt, aber trocken und wir erhielten erstaunlich gute Räder. Erneut waren wir alleine mit unserem Guide unterwegs, der uns erklärte, die Tour macht er meistens nur einmal im Monat, weil sie vielen zu anspruchsvoll und anstrengend ist. Generell war der Guide eher von der gesprächigen Sorte und schlug uns schon auf der ersten Fährüberfahrt vor, die geplante Tour leicht abzukürzen und noch auf den Hmong Neujahrsfeierlichkeiten vorbeizuschauen. Nach kurzer Überlegung stimmten wir der Planänderung zu, was sich als richtige Entscheidung herausstellen sollte. Erstens war die Abkürzung der spaßigste Teil der ansonsten schon guten Tour: Hier ging es richtig über Trampelpfade und durch ausgetrocknete Flussbetten. Zweitens war das Neujahrsfest ein Spektakel. Wir hatten erwartet, dass es eine Art „Vorführung“ für Touristen ist (ganz Luang Prabang ist ja darauf ausgelegt), aber weit gefehlt. Es glich eher einem kleinen Volksfest. Es gab Darts (wir haben eine Cola gewonnen), eine Art Roulette (mit unglaublich schlechten Quoten – sind trotzdem mit +/-Null rausgekommen), Miri probierte den Schießstand aus und verfehlte – zum Glück! – knapp den Hauptgewinn (sonst müssten wir uns jetzt mit einem riesigen Kuschelbären herumschlagen). Das eigentliche Ziel des Festes ist aber das Verkuppeln von Unverheirateten. Dazu kommen die Hmong (eine von ca. 50 Minderheiten in Laos) aus ihren umliegenden Dörfern, meist in schöner Tracht, manchmal aber auch ganz leger, um sich auf einen großen Platz zu begeben, lange Reihen zu bilden und Bälle hin und her zu werfen. Das Ganze dient nicht nur der Hand-Auge-Koordination, sondern soll auch zum Schäkern anregen. Dabei wird grob nach Alter getrennt und es gibt auch die „Sektion“ Geschiedene und Verwitwete. Unser Guide, selber ein Hmong, erklärte uns die Bräuche und am Ende liefen wir noch seinen zurechtgemachten Töchtern über den Weg.

Ausgepowert wieder im Hotel machten wir uns schnell frisch, denn Sarahs Flieger sollte bald landen und wir wollten sie frisch in Empfang nehmen. Pünktlich zur Landung fing es wieder an Bindfäden zu regnen. Es dauerte dann doch noch eine Weile, bis Sarah bei uns im Hostel ankam, da es wirklich versteckt lag und die freundlichen Laoten, die gefragt wurden, sie in unterschiedlichste Richtungen schickten. Am Ende hat sie kurz angerufen und wir konnten sie keine 100m von unserem Hotel entfernt aufgabeln. Ob des langen Fluges/der anstrengenden Fahrradtour und des schlechten Wetters gab es nur einen schnellen Gang über den Nachmarkt und ein fixes Essen, bevor die Nachtruhe angetreten wurde.

Am nächsten Tag wurde endlich mal wieder ausgeschlafen und ein langes Frühstück genossen. Anschließend schauten wir uns die kulturellen Highlights von Luang Prabang an, erkundeten die kleinen Gassen der Stadt und nahmen einen kleinen Snack am Mekongufer zu uns. Als Abendessen gab es Verschiedenes vom laotischen Tischgrill und in langen Gesprächen neuste Updates aus Hamburg. Um Sarahs Magen-Darm-Festigkeit zu prüfen, wurde am nächsten Morgen ein laotisches Frühstück (Suppe) an einem Straßenstand, an dem sich größtenteils Tuk-Tuk-Fahrer stärken, eingenommen (Sarah hat es gut überstanden, Paul eher weniger), bevor es mit drei Rollern losging, den schönsten Wasserfall Nord-Laos zu besichtigen. Sarah, die das erste Mal selber einen Roller fuhr, spulte die 35km pro Richtung durch kurvige Hügellandschaften bravourös ab und hatte einen Heidenspaß. Der Wasserfall war voll und toll und am Ende gab es noch eine kleine Wanderung zu einer Höhle. Im leichten Nieselregen ging es zurück in die Stadt. Da sowohl Sarah als auch Miri leicht erkältet sind, werden wir Luang Prabang morgen verlassen und hoffen auf besseres Wetter im Norden. Ziel ist Muang Xay, eine Handelsstadt in der Nähe der chinesischen Grenze, die auch für (nicht-chinesische) Touristen recht attraktiv sein soll und noch dem „echten“ Laos nahekommt.

Thakhek

Die Fahrt nach Thakhek verlief so unspektakulär, dass wir gerade Probleme haben, sie zu erinnern. Die ganzen Busfahrten der letzten Wochen verschwimmen etwas in unseren Köpfen. Am Ende landeten wir auf jeden Fall an einem der etwas außerhalb liegenden Busbahnhöfe von Thakhek. Da wir keinen Plan hatten, wo wir sind, haben wir uns in ein Songtheo (Sammeltaxi oder ein etwas größeres Tuk Tuk) laden und für 1$ pro Person zu dem Hotel chauffieren lassen, das wir uns aus dem Lonely Planet herausgesucht hatten. Ein anderer der ausschließlich laotischen Passagiere machte laut „Huui“ und als wir nach 5 Minuten Fahrt wieder herausgeschmissen wurden, war uns auch klar, dass wir zu viel bezahlt hatten. Dies ist uns schon lange nicht mehr – zumindest so offensichtlich – passiert.

Das Hotel lag 3km vor der Stadt und war leider schon ganz schon heruntergekommen, unser Lonely Planet ist 3 Jahre alt und da kann viel passieren. Endlich bekamen wir auch eine Idee davon, warum einige Hotels, denen man ansieht, dass sie wirklich mal schön waren, so vernachlässigt aussehen. Der Rezeptionist sagte, es gibt auch neue Bungalows, die vom gleichen Tresen gemanagt werden, aber 5$ mehr kosten und „same same“ sind. Eigentlich lohnt sich der Aufpreis also gar nicht. Die Räume und Bäder waren tatsächlich ähnlich groß, damit hatten sich die Gemeinsamkeiten aber auch schon erledigt. Eine Variante war sauber, neu gestrichen, es hab keinen Schimmel, stattdessen eine schöne Holzdecke ohne Flecken, Spiegel im Bad etc. So richtig zum Wohlfühlen. Die andere Variante war das Gegenteil, aber für den laotischen Portier gab es einfach keine wirklichen Unterschiede, die die Preisdifferenz gerechtfertigt hätten. Beim Bier am Pier in der Stadt während des obligatorischen überwältigenden Sonnenuntergangs am Mekong lernten wir dann auch noch 2 Reisende kennen, die uns von Bettwanzen in den alten Zimmern erzählten. Alles im allem war das Extra-Geld also weise ausgegeben.

Auf dem Rückweg zu unserem Hotel kamen wir an einem Songtheo vorbei, welches offensichtlich Probleme hatte. Zumindest lag der Fahrer unter dem Führerhaus und versuchte mit seinem Handy etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Als gut ausgerüstete Traveller hatten wir natürlich eine Taschenlampe dabei („typical Germans, they are prepared for everything“), die wir herausholten und Miri leuchtete dem Fahrer beim Suchen des Problems. Nachdem er den Beifahrersitz ausgebaut hatte, um an den Motor etc. zu kommen, wurde Miri die Taschenlampe abgenommen und in den Mund gesteckt, um sich selber leuchten zu können. Während Paul sich ein Bier kaufte und es sich auf dem Bordstein gemütlich machte, lernte Miri von den Damen (früher hätte man politisch unkorrekt Waschweiber gesagt), die als Passagiere in dem Songtheo saßen, das Zählen bis 1.000 auf laotisch. Nach 30 Minuten bekamen wir eine nasse Taschenlampe (wir hätten ihm die Stirnlampe anbieten sollen – ja auch sowas haben wir dabei) wieder und schlenderten von dannen. Leider hatten wir einen anderen Heimweg als die Route des Songtheos, sonst wäre eine Fahrt umsonst wohl kein Problem gewesen.

In Thakhek macht man eigentlich „den Loop“: eine Rollertour durch das Hinterland mit 2-4 Übernachtungen auf dem Weg. Da uns aber irgendwie die Zeit wegläuft, wir zu Weihnachten in Vientiane sein wollten und wenn man den Loop in 2 Übernachtungen durchzieht, es einen Tag mit dem Roller nur über den eher unattraktiven „Highway“ geht, haben wir uns dagegen entschieden. Man muss ja auch noch ein paar Aktivitäten für den nächsten Laosbesuch übriglassen. Stattdessen mieteten wir uns den Roller nur für einen Tag und machten uns in die nähere sehr beeindruckende Umgebung auf. Auch hier gibt es schöne Höhlen zu besichtigen (inklusive Höhlenschwimmen), einen klaren Fluss zum Baden, der sich spektakulär durch die Landschaft schlängelt und einen Berg mit herrlicher Aussicht und so steilem Aufstieg, dass einem bei den derzeitigen Temperaturen der Schweiß aus allen Poren läuft. (Wären die Reisfelder noch grün und nicht schon abgeerntet und braun, wäre der Anblick vor Schönheit sicher nicht auszuhalten gewesen.)

Dass es mit der Gleichberechtigung nicht so weit her ist, konnte man gut daran erkennen, dass die Reaktionen der Laoten von belustigt bis zu entsetzt reichten, weil Miri fuhr und Paul hinten drauf saß. Der Vorteil am nicht-Loopen war, dass wir etwas später losfahren konnten und so die meisten anderen Touristen schon wieder auf der Straße waren, als wir an den Sehenswürdigkeiten ankamen. Auf diese Weise hatten wir die Höhlen für uns und beim Baden mussten wir uns den Fluss nur mit einem anderen Pärchen teilen. Am Abend ging es noch kurz zur Busstation, um Tickets nach Vientiane für den nächsten Tag zu besorgen.

Da unsere Bleibe ja etwas außerhalb lag und es abends in Thakhek sowieso nicht viel zu unternehmen gibt, blieben wir am zweiten Abend in unserem Zimmer, versuchten ein wenig Netflix zu schauen (das Internet ist in Laos allerdings nicht so richtig stabil) und nach 1,5 Folgen können wir sagen, „Designated Survivor“ macht Lust auf mehr.

Savannakhet

Eher spontan und weil wir keine Lust auf eine ewig lange Busfahrt hatte, strandeten wir in Savannakhet, der zweitgrößten Stadt von Laos – und was war das für eine schöne Überraschung! Dieser Ort ist (noch) geprägt von einer extrem entspannten Stimmung, die unglaublich gut zu den alten kleineren Kolonialbauten passt, die wiederum nach und nach zu stylischen, schönen Cafés umgebaut werden. Dies alles fügt sich zusammen mit dem Mekong und einem Flussufer, hinter dem die Sonne abends untergeht, zu einer liebenswerten Stadt, die bisher noch nicht von den Touri-Bussen angesteuert wird. Wenn die Entwicklung aber so weitergeht, dauert das nicht mehr lange – zu Recht.

Diese Stimmung mussten wir am Tag unserer Ankunft erst einmal auf uns wirken lassen und so spazierten wir durch die Abendsonne zum Mekong und genossen dort ein Bier pünktlich zum Sonnenuntergang. Danach suchten wir für noch ein paar weitere Beer Lao eine coole Bar neben dem Night Market auf. Andernorts sind diese Bars und besonders die Night Markets häufig auf Touristen oder zumindest Expats ausgelegt, hier aber ist die einheimische Jugend das Zielpublikum, was schön ist und sich natürlich auch auf die Atmosphäre auswirkt.

Am nächsten Morgen wurde es dann etwas später und wir erkundeten die Stadt zu Fuß. Unser erstes Ziel war es, irgendwo Frühstück zu bekommen, was sich als gar nicht so einfach herausstellte. Dabei sollte es kein Problem sein, dass es schon fast Mittag war und kein Frühstück mehr angeboten wurde, sondern vielmehr am Sonntag ein Café o.ä. zu finden, denn fast alles hatte geschlossen. Am Ende wurden wir dann doch fündig und genossen einen relativ ordentlichen Brunch. Der Rest des Tages floss irgendwie so vorbei. Abends zeigte sich wieder die Herausforderung, etwas Essbares aufzutreiben. Am Ende landeten wir in Laos in einem französischen Restaurant, aßen italienische Speisen, wurden bedient von thailändischen Kellnern und es schallte „Dschingis Khan“ auf deutsch aus den Boxen (was wir uns NICHT gewünscht hatten).

Am nächsten Morgen liehen wir uns Fahrräder und waren gespannt darauf, was die Stadt am Montag für uns bereithielt. Nun hatten zwar die Cafés geöffnet, ansonsten war aber nicht viel mehr los als am Sonntag, langsam verstanden wir den Spitznamen „Lazy-town“. Erst waren wir verwundert, da es sich um einen Handelsknotenpunkt zu Thailand handeln soll, aber mittlerweile verstehen wir: Wenn man geographisch so gut liegt, kann man auch mit geringem Aufwand ein gutes Einkommen erreichen – also kann man das Ganze auch relaxt angehen.

Mit den Rädern fuhren wir zu einem 10km entfernten See, erst über etwas bessere Straßen, die dann zu einer Sandpiste wurden, auf der wiederum die Schlaglöcher immer größeren Raum einnahmen. Googlemaps war erneut nicht ganz präzise, der Weg wurde immer schmaler und schmaler und schließlich standen wir inmitten von trockenen Reisfeldern, einer Kuhherde und zwei aggressiven Hunden. Der Bewohner des einzigen Hauses in Sichtweite signalisierte uns, in welche Richtung wir unsere Räder schieben sollten und zehn Minuten später standen wir an der Hauptstraße, die uns dann auch erfolgreich zum See führte. Dorthin fahren die Laoten zum Mittag oder Feierabend mit ihren Motos, lassen sich dort in Hütten am Ufer nieder und sind dann auch dem Bier nicht abgeneigt. Für uns war es etwas früh für Bier, also bestellten wir in einer der Hüttchen eine Pepsi, die allerdings nur in der 1,5-Liter-Flasche verfügbar war. Nun gut, wir hatten ja keine Wahl, austrinken konnten wir sie dennoch nicht. Nach einer Partie Schach schwangen wir uns wieder auf unsere (bisher schlechtesten) Drahtesel und fuhren auf der Belag-technisch sicheren Route wieder zurück in die Stadt. Wir konnten mit unseren Rädern fast die Tour de France imitieren: Paul mimte den Armstrong in einem durchgängig niedrigen Gang und Miri machte einen auf Ullrich mit einer nur halb so hohen Trittfrequenz. Da der Weg über Hügel und Abfahrten führte, hatte jeder einmal den Vorteil des jeweiligen fixierten Gangs (Hamster im Rad vs. Aus-dem-Sattel-Müssen beim Anstieg). Weil es an diesem Tag extrem warm war, schwitzten wir beide ordentlich. Da kam die Abkühlung in einem Pool, den ein größeres Hotel auch für externe Besucher geöffnet hatte, genau richtig. Also hinein ins kühle Nass! Hier wurden wir noch Zeugen eines Weittauchkontests zwischen laotischen Bauarbeitern, die plötzlich als 10er Gruppe den Pool stürmten. Miri hätte locker gewonnen, wollte den Männern aber keine Schmach zufügen. Eine Dusche und ein leckeres Dinner im Hotel rundeten diesen schönen Tag ab.

Am nächsten Morgen mieteten wir uns ein Moto, weil wir den Umkreis von Savannakhet erkunden wollten. Es war nicht ganz einfach, ein Moped-Verleih zu finden und so waren wir froh, als wir nach einer Dreiviertelstunde endlich fündig wurden. Während der kurzen Probefahrt wurde uns schnell klar, dass das Moped das bisher schlechteste unserer Reise war. Da wir aber endlich eines gefunden hatten und ohnehin nur einen halben Tag damit unterwegs sein wollten, fuhren wir damit los. Schnell noch tanken und Luft aufpumpen und auf ging’s. Unser erstes Ziel war ein alter Tempel, der hinter dem See von gestern lag. Die Strecke kannten wir ja und so war es ein Leichtes, die heilige Stätte zu erreichen. Doch wir kamen nicht weit. Miris Schultern waren zwar bedeckt, aber dass eine Frau in einer Hose zu dem Tempel wollte, wurde (zum ersten Mal auf unserer Reise) nicht geduldet. Ein gewöhnlicher Rock hätte aber auch nicht gereicht, es musste der traditionelle laotische Rock sein, den man praktischerweise gleich am Stand nebenan kaufen konnte. Das war nun doch etwas zu viel des Guten und so fuhren wir nach ein paar von außen aufgenommenen Fotos weiter. Nächstes Ziel war der Turtle Lake. Aufgrund der Trockenheit war der Lake schon etwas geschrumpft und Schildkröten haben wir auch keine gesehen, aber glücklicherweise ist ja der Weg das Ziel. Danach mussten wir auch schon wieder den Heimweg antreten, da wir nicht zu spät ins Hotel kommen wollten; es sollte ja noch gepackt werden. Aber Pustekuchen: Paul fragte Miri noch, ob sie nicht auch den Eindruck habe, dass sich der Roller komisch anfühle, da machte es schon „Peng!“ und der Schlauch war im Eimer. Ventil rausgerissen. Da standen wir nun, wie bestellt und nicht abgeholt, mit unserem Gefährt in der sengenden Hitze. Kennt noch jemand den Song „Schön war die Zeit“? Also: „Breeeeeeenend heißer Wüstensand…“. Hilft ja nichts, wer seinen Roller liebt, der schiebt.

Als erstes kamen wir an den Hütten vorbei, in denen wir gestern unseren gemütlichen Pepsi-Mittag am See verbracht hatten. Leider konnte man uns dort nicht helfen und wir wurden ins nächste Dorf verwiesen. Noch schnell ein Wasser gekauft (dieses Mal gab es auch Wasser in großen Flaschen) und weiter ging die wilde Fah… ach nein, die langsame Schieberei. Als wir 15 Minuten später den „Ort“ (bestehend aus fünf Hütten) erreichten, gab es das nächste Problem: Der Mechaniker war nicht da. Trotzdem machte sich ein junger Laote in der benachbarten Mechaniker-Hütte daran, unser Hinterrad abzubauen. Allerdings sah er nicht so aus, als wüsste er, was er tut. Eher nach dem Motto: Einfach mal alles abschrauben, bis man das Hinterrad herauswürgen kann. Dabei fielen etliche Schrauben, Muttern und alle möglichen anderen Teile in den Sand und blieben dort auch liegen. Den Schlauch bekam er noch aus dem Reifen, den neuen aber nicht wieder hinein. Er würgte dabei so mit seinen Schraubenziehern rum, dass wir beide sowie eine anwesende Oma (zumindest ihren Gesten nach zu urteilen) schon meinten, dass der neue Schlauch jetzt wohl auch kaputt sei – und so sollte es auch kommen. Der Mechaniker Nummer 1 bekam dies jedoch nicht mehr mit, denn plötzlich fiel ihm ein, dass er seine Wasserbüffel impfen musste und weg war er. Allerdings nicht ohne einen Freund einzuweisen, den er vorher noch schnell angerufen hatte. Dieser erledigte das Einsetzen des Schlauches mit Bravour, als zur Probe aber aufgepumpt wurde, stellte sich heraus, dass der Schlauch tatsächlich kaputt war – dank Mechaniker Nummer 1. Mechaniker Nummer 2 holte den Schlauch also wieder aus dem Mantel, krampfte einen zweiten neuen Schlauch hinein und nach weiteren 20 Minuten war wieder Luft im Reifen. Der Reifen befand sich allerdings noch neben und nicht an dem Roller. Nachdem Mechaniker Nummer 2 das Chaos von Mechaniker Nummer 1 sah, wurde er kurz still und musste leider auf der Stelle weg. Wohin, wissen wir nicht. Glücklicherweise kam nun Mechaniker Nummer 3, dem die Werkstatt auch gehörte. Das erste Mal hatten wir das Gefühl, jemand weiß, was er tut und keine 30 Minuten später konnten wir mit einem geheilten Moto Richtung Stadt aufbrechen. Das Früh-im-Hotel-wieder-Ankommen konnten wir zwar nicht einhalten, das Packen für den Bus am nächsten Tag nach Thakhek haben wir aber trotzdem noch gut hinbekommen.

Tat Lo

Nachdem wir Miris Rucksack zum Reiseutensil erklärten, wurde alles, was wir auf einer kurzen 2-Tagereise nicht gebrauchen konnten, in den Rucksack von Paul gestopft. Heraus kam ein mannshoher Kollos, der kaum zu tragen war. Glücklicherweise war es nur ein kurzer Weg vom „Stinke-Guesthouse“ zum Motoverleih, wo wir das nicht benötigte Gepäck lagern konnten. Wir hatten uns dafür entschieden, beide ein eigenes Moto zu leihen. Bei Pärchen wird sich oft eines geteilt und dann fährt IMMER der Mann. Um Streitereien über den Fahrer aus dem Weg zu gehen, investierten wir die extra 6€ pro Tag – außerdem macht es so viel mehr Spaß. Unsere Mitreisenden teilten sich einen Roller, wohl eher nicht aus Kostengründen, sondern weil Christie nicht fahren wollte. So konnte sie ausgiebiger die Landschaft bestaunen. Unser Tagesziel war Tat Lo, ein kleines Dorf am Anfang des Bolaven Plateaus. Dieses hat nichts mit Bolivien zu tun (obwohl auch hier exzellenter Kaffee hergestellt wird), sondern bedeutet „Heimat der Laven“, einer ethnischen Minderheit von Laos.

An diesem Reisetag ging es eher um das Fahren und Bestaunen der vorbeiziehenden Landschaft. Es stand zwar ein Stopp an einem Wasserfall an, dieser war aber doch eher unspektakulär und von Thais überlaufen. Wir schauten ihn uns trotzdem pflichtgemäß an. Ansonsten gab es nur noch einen Halt, um an einer Plantage einen frisch geernteten und gerösteten Kaffee zu genießen. Der hiesige Kaffee zeichnet sich durch die Abwesenheit der Bitterkeit und eine leichte Kakao-Note aus. Unseren Ami-Begleitern war er aber zu stark, wie eigentlich jeder Kaffee in Südostasien. Auf Miris Nachfrage, ob die beiden ihren Kaffee sonst so trinken, wie amerikanisches Bier schmeckt – wässrig –, kam als Antwort nur eine Wasserflasche geflogen.

Die Fahrt verlief ansonsten Zwischenfalls-frei auf fein geteerten Straßen ohne viel Verkehr. Einem kurzen Regenschauer wurde getrotzt, indem Miri ihre Regenjacke das erste Mal in diesem Urlaub herausholte und Paul endlich ein 2006 bei Globetrotter erstandenes Regen-Cape ausprobieren konnte. Beide Utensilien taten ihren Dienst, wobei Miri weiterhin schick aussah. Paul glich eher einem verunglückten Zwitter aus Ninja-Turtle und Batman und steigerte seinen Benzinverbrauch durch sein flatterndes Gewand enorm.

In Tat Lo suchten wir ein Guesthouse direkt am ortseigenen Wasserfall auf. Wie oft hat man schon die Chance, beim Rauschen des Wasserfalls einzuschlafen, diesen morgens beim Aufwachen durch die Dschungellandschaft zu sehen und die Aussicht auch noch von der eigenen Terrasse aus zu genießen.

Ansonsten ist Tat Lo ein verschlafenes Örtchen mit ein paar Guesthouses, die alle auf „Mofa-Touris“ wie uns spezialisiert sind. Allerdings wird zwischen den beiden Wasserfällen im Ort gerade ein Resort hochgezogen, Elefanten-Schauen inklusive. Mal sehen, ob sich dieses durchsetzt, die Location ist zumindest einmalig!

Nach dem Auspacken ging es zu Fuß kurz etwas essen, Jason und Christie abholen (die beiden sind in einem anderen Guesthouse abgestiegen) und dann los Wasserfälle anschauen und bebaden. Da unsere Bikes noch in unserem Guesthouse standen, haben wir uns zu viert auf den Roller der beiden gequetscht und den Kilometer zu unserem Domizil so zurückgelegt – zum Amüsement des ganzen Dorfes. Abends teilten wir uns noch einige Biere und lauschten gespannt den Farmgeschichten unseres Texas-Boys.

Am nächsten Morgen ging es zeitig los (das Frühstück dauerte allerdings etwas – kann ja keiner ahnen, dass einfach Brot bestellt wird, das dann erstmal eingekauft werden muss). Wir entschieden uns dazu, eine Abkürzung zu nehmen, die als Bonus noch nicht geteert war. Die ersten 20 Minuten vergingen wie im Fluge und es machte richtig Spaß. Nach und nach wurde die Straße aber immer schlechter und bald reihte sich ein faustgroßer Stein an den nächsten und die Straße war ein einziges Schlagloch. Das Tempo wurde entsprechend langsam und als wir die ersten liegengebliebenen „Busse“ passierten, entschieden wir kurz Googlemaps zu Rate zu ziehen. Eine Straße gab es laut Karte nicht, was nichts heißt (das Kartenmaterial ist nicht wirklich doll. Wir waren auch schon auf Trampelpfad-großen „Landstraßen“ unterwegs, die einfach im Nichts endeten). Aber auch die zurückgelegte Strecke war erst ein Bruchteil von der Distanz, die bewältigt werden musste. Also umgedreht und wieder auf die „Hauptstraße“.

Hier wurden schnell Kilometer gemacht und es zeigte sich, dass es gar nicht so schlecht war, umgedreht zu sein. Paul fiel, trotz mittlerweile gutem Untergrund, ein Teil seiner Verkleidung vom Moped ab. Am Ende mussten wir, nach längerer zäher Verhandlung, noch 7$ dafür berappen. Ansonsten waren die Bikes in tadellosem Zustand.

Schnell erreichten wir eine Höhe von 1.200km und es wurde zunehmend kälter, dazu gesellte sich ein ordentlicher Regen. Unsere Kluft hielt uns zwar trocken, aber nicht warm. Als wir dann endlich einen Suppenstand gefunden hatten, um uns aufzuwärmen, waren Miris Lippen schon ganz blau. Gestärkt und gewärmt ging es dann, bei mittlerweile blauem Himmel, weiter in Richtung der eigentlichen Ziele, eine Reihe von spektakulären Wasserfällen: mit Möglichkeiten zum Baden, 120m tieffallend in ein Dschungelbecken oder mäandernd entlang von Wiesen wie bei Herr der Ringe. Bei so viel Schönheit vergaßen wir etwas die Zeit, sodass am Ende noch ordentlich der Gashahn aufgedreht wurde, wir den Einheimischen mal zeigten, was man auf deutschen Autobahnen lernt und erst im Dunkeln (und wieder ganz vorsichtig) in Paksé eintrafen.

Hier wurde das Hotel gewechselt und noch ein Tag gechillt. Wir waren kurz in Versuchung, uns für die nächste Zeit einen Hilux zu mieten, für unverschämt günstige 45$ pro Tag. Leider übersteigt das leicht unser Budget (das hätte man durch das Mitnehmen anderer Touris eventuell noch ausgleichen können) und ohne internationalen Führerschein (den wir beide nicht beantragt hatten) ist man zusätzlich noch komplett versicherungsfrei unterwegs. So sitzen wir nun wieder im Bus zu unserer nächsten Destination und können eingequetscht, inspiriert von unterschiedlichsten Gerüchen, bei offener Tür und Schlaglochweitspringen Blogartikel verfassen.

 

Banlung

Die neue Straße nach Banlung ist erst diesen Frühling fertiggestellt worden, vorher war eine direkte Fahrt zwischen Sen Monorom und Banlung mit dem Auto gar nicht möglich. Mit dem Crossmotorrad dauerte sie zwischen 2 und 4 Tage, je nach Talent und Wetterbedingungen. Die alte Straße existiert aber noch – wer also mal ein bisschen Abenteuer sucht, wird auch glücklich. Wir sind dann doch mit dem Bus gefahren und konnten nach 3 Stunden in unserem neuen Guesthouse einchecken. Von unserer telefonischen Reservierung vom Vortag wusste man nichts, eine schöne Hütte haben wir trotzdem bekommen. Es ist eine sehr entspannte Atmosphäre hier im Guesthouse. Bezahlen? Später. Was zu trinken? Bitte aus dem Kühlschrank nehmen und Bescheid geben. Ihr wisst nicht, wie lange ihr bleibt? Kein Problem, wir blocken die Hütte. Ihr wollt einen Roller leihen? Wir hängen den Schlüssel an die Rezeption, nehmt ihn euch einfach. Ausweis? Nee, brauchen wir nicht.

Am Ankunftstag haben wir nur ein bisschen entspannt und überlegt, wie es weitergehen soll. Unser Visum hatte nur noch 3 Tage Gültigkeit und die Frage war, ob wir einen Tag Puffer einplanen. Wir sind dann zu dem Schluss gekommen, dass man Puffer am besten mit Apfelmuss isst und haben uns dazu entschieden, das Visum auszureizen.

Am nächsten Tag ging es auf eine Dschungel-Tour. Miri hatte dem Tourorganisator (Mr. Smey) gesagt, dass sie sich mal wieder auspowern möchte und dies wurde wohl weitergegeben. Nachdem wir 30 Minuten per Moto über rote Sandpisten pflügten, hielten wir in einem Dorf und unser Guide wurde uns vorgestellt. Der Vorteil der Trockenzeit: Die lehmigen Straßen sind durch den Regen nicht seifig und spiegelglatt. Der Nachteil: Sie sind knochentrocken und staubig. Das Englisch des Guides war spärlich (das wussten wir aber schon vorher, er sollte uns ja nur gut durch den Dschungel bringen), aber sein Trekking-Tempo hoch. Dicht am Laufschritt ging es los Richtung Dschungel. Erst über Maniok- und Sesam-Plantagen, durch Gestrüpp und Flussläufe und dann wechselten sich Dschungelabschnitte mit gerodeten Landschaften ab. Bis dann endlich nur noch Wald um uns war. Die Wege waren verschlungen und Büsche und Sträucher kratzten an Armen und Beinen. Zwischendurch hörte man immer wieder Motorsägen heulen. Einige Khmer dringen auf ihren Motos tief in den Wald ein, fällen und zerlegen dort einzelne Bäume und schaffen diese auf den Motos wieder heraus. Laut unserem Tourorganisator ist dies kein großes Problem, da meist nur für den Eigenbedarf gefällt wird. Ein ganz anderer Schnack ist es, wenn große Unternehmen dahinterstehen, dann wird der Wald komplett hektarweise vernichtet.

Auf dem ersten Abschnitt unserer „Lauferung“ waren die einzigen Tiere, die wir zu Gesicht bekamen, ein paar wilde Hunde, die plötzlich aus dem Unterholz sprangen und uns ankläfften, aber von unserem Guide mit dem Stock im Zaum gehalten wurden. Nach guten zwei Stunden erreichten wir einen sehr kleinen Wasserfall, in dessen Becken wir ein erfrischendes Bad nehmen konnten. Danach gab es kalten Bratreis und schon ging der wilde Lauf wieder los. Zurück nahmen wir eine andere, etwas längere Route, die sich lohnte. Nach ca. einer Stunde wurde unser Guide etwas langsamer und sehr aufmerksam. Wir erwarteten schon die nächste Hundeattacke (ca. 5 Minuten vorher gab es entferntes Gebelle), aber zu unserem Erstaunen zeigte er plötzlich hoch in die Baumwipfel. Entweder hatten wir eine Affenfamilie aufgeschreckt oder sie suchten nach dem Kokosnussdieb. Wie auch immer – wir sahen eine ganze Horde von Gibbons (glauben wir, am Ende haben wir vergessen zu fragen, was für Affen da so ein Theater gemacht haben), die in den Baumwipfeln kletterte, sich von Ast zu Ast, Baum zu Baum schwang und sprang und ab und an mal rumbrüllte. (Wer als erstes den Affen auf dem viel zu leichten Suchbild findet und im Kommentar beschreibt, wo genau, bekommt eine Postkarte – weder Miri noch Paul noch der Guide zählen als Affen.) Nach 10 Minuten war dann der letzte Affe aus unserem Sichtfeld entschwunden und wir wollten uns gerade wieder auf den Weg machen, als ein Reh entlang unseres Pfades hüpfte. Leider ging das Ganze so schnell, dass wir nicht in der Lage waren, ein Foto zu schießen. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Schweinehirsch (Hog Deer). Nach diesen Erlebnissen liefen sich auch die restlichen 2 Stunden einfach und die am Ende der Wanderung wieder näher der Zivilisation auftauchenden, domestizierten Baby-Schweine/Hunde/Enten/Ziegen/Büffel konnten kaum unser Interesse wecken. Erschöpft, aber glücklich erreichten wir gegen 17:00 Uhr wieder unser Guesthouse und Mr. Smey (der hier ständig rumhing) lächelte nur und sagte: „You will have a good sleep tonight“. Er sollte Recht behalten.

Am nächsten Tag machten wir uns mit dem Roller auf, die Umgebung auf eigene Faust zu erkunden. Oder vielmehr die Sehenswürdigkeiten von Banlung mit dem eigenen Gefährt anzufahren. Da Mr. Smey uns irgendwie ins Herz geschlossen hatte (nach unserer Dschungeltour setzten wir uns noch für 2 Stunden zusammen in das Guesthouse-Restaurant und redeten über die positiven und negativen Veränderungen in Banlung im Speziellen und in Kambodscha im Allgemeinen), durften wir seinen relativ neuen privaten Schaltroller (der hatte erst knapp 3.500km runter und der Tacho funktionierte) haben und konnten so seine auseinanderfallenden Automatik-Mietroller links liegen lassen (wir haben andere Touris getroffen, denen auf den von Schlaglöchern übersäten Nebenstraßen die Verkleidungen von den Rollern fielen). Als erstes ging es zu einem Kratersee, dessen Entstehung noch nicht ganz geklärt ist. Die wohl wahrscheinlichste Variante ist ein Meteoriteneinschlag vor langer Zeit. Das Wasser ist kristallklar und der See umgeben vom Dschungel. Wir genehmigten uns ein ausgiebiges Bad, bevor wir den ersten Wasserfall ansteuerten. Dieser fällt gute 30 Meter über einen Vorsprung und man kann einmal hinter dem Wasserfall durchlaufen. Miri entschloss sich, ihre bisher größte Dusche zu nehmen und kletterte in das herabfallende Wasser. Schön war, dass wir hier ganz alleine waren, denn in Banlung tummelten sich an die 30 Touristen, sodass man an den Hotspots meist nicht alleine war. Als nächstes folgte (welch Überraschung) wieder ein Wasserfall, nicht ganz so spektakulär, aber mit großem Becken, in das Miri natürlich prompt hineinhüpfte. Da der Rückweg doch etwas länger war und aufgrund der Straßenverhältnisse auch nicht besonders schnell vonstattengehen konnte, wurde der letzte größere Wasserfall nicht besucht, sondern der Heimweg angetreten. Entlang eines herrlichen Sonnenuntergangs ging es auf der staubigen Piste durch Dörfer zurück in die Stadt.

Nachdem wir gepackt und gegessen hatten, tranken wir noch einen Abschiedslongdrink auf der Terrasse des Guesthouses. Gegen 22:00 Uhr tauchte nochmal Mr. Smey auf und schlug vor, mit ihm eine Reiswein-Tour durch die Bars der Stadt zu machen. Da es am nächsten Tag aber um 7:00 Uhr nach Laos gehen sollte, dies eine lange Reise werden würde und das Verschieben des Aufbruchs nicht drin war (wer braucht schon Puffer), lehnten wir schweren Herzens ab. Mr. Smey setzte sich dann noch für eine Stunde zu uns und der Abend wurde auch so sehr schön. Am nächsten Morgen ging es dann früh los und wer stand am Bus? Mr. Smey – mit 2 Flaschen selbstgebranntem Reisschnaps. Nachdem er uns das Versprechen abgenommen hatte, zusammen wiederzukommen („only Miriam, not good, only Paul, not good, only together is good“) und eine längere Crossmotorradtour mit ihm zu machen, bei der er uns das wahre Kambodscha zeigt, konnten wir mit dem Reisschnaps im Gepäck Richtung Laos aufbrechen.

Sen Monorom

In Vietnam haben wir gelernt, dass es stressig sein kann, wenn die Busse 15 Minuten vor der angekündigten Abfahrt vor der Tür stehen. In Kambodscha merken wir wieder, dass verspätete Busse zwar keinen Stress auslösen, dennoch sehr nervig sind. Vor allen Dingen, wenn man ab 6:20h wartet und es dann erst um 7:00h endlich losgeht.

Auch wenn wir uns wiederholen, müssen wir noch einmal die Entwicklung des Landes ansprechen. Letztes Mal als wir von Phnom Penh nach Sen Monorom gefahren sind – zugegeben: dies war vor 8 Jahren – hat der Trip 2 Tage gedauert mit Zwischenstopp in Kratie. Allein die Tour aus Kratie nach Sen Monorom hat damals einen Tag gedauert. Wir sind anno dazumal mit einem Pick-Up über eine rote, matschige Piste geeiert, teilweise mit blockierenden Reifen die Abhänge auf Flüsse zugerutscht und wir mussten bei steilen Anstiegen raus aus dem Wagen und zu Fuß hoch, um das Auto zu entlasten. Heute ist man sechs Stunden mit dem Minibus auf Asphaltstraßen unterwegs und landet in einem Ort mit mehr als zwei Guesthouses.

Untergekommen sind wir etwas abseits der Stadt in der Nature Lodge. Auf einem leicht abfallenden Gelände sind hier um die 20 Hütten auf Stelzen verstreut. Diese bestehen eigentlich nur aus einem Bett und einem kleinen „Badezimmer“. Zwischen den Hütten laufen Kühe und Pferde herum (streicheln auf eigene Gefahr). Mehr Bio-Fleisch geht nicht. Dass so ein Bioleben, besonders für kleineres Getier, auch seine Tücken hat, wurde uns praktisch dargeboten. Ein Huhn wurde aus einem Gebüsch attackiert und ließ einige Federn. Pech für das Huhn, Glück für uns: Wir konnten eine Bengalkatze in Aktion sehen. Das wäre dem Huhn bei Wiesenhof nicht passiert. Hier herrschte also eine eigentlich sehr entspannte und naturnahe Umgebung. Dies bewiesen uns auch der Frosch am Moskitonetz (den wir zwar raussetzten, der uns am nächsten Tag aber an selber Stelle wieder begrüßte), eine über Handteller große Spinne vor der Hütte, eine etwas kleiner als Handteller große Spinne, die nachts das Bad bewachte, sowie ein Gecko, der immer pünktlich um ein Uhr nachts geräuschvoll den Mülleimer untersuchte.

An unserem Ankunftstag organisierten wir noch einen Roller in der Stadt, den wir erst zum Morgen des Abfahrtags zurückbringen mussten.

Mit diesem machten wir uns am nächsten Morgen auf zum wahrscheinlich spektakulärsten Wasserfall Kambodschas (laut Guesthouse). Auch hier (was letztes Mal eine Tagestour war, bei dem Matschpfützen in Tennisplatzgröße durchquert werden mussten und wo nicht selten der Roller bergauf geschoben wurde, um überhaupt vorwärts zu kommen) war diesmal eine schöne, glatte, geteerte Straße an nur einem Vormittag zu erledigen. Manchmal ist das ein bisschen schade, aber das Land wird eben mit uns zusammen älter. Der Ausflug war wirklich schön und es war gut, um drei Uhr wieder im „Hotel“ zu sein, denn 5 Minuten später fing es erst einmal für 2 Stunden ordentlich an zu regnen. Nach dem Schauer wurde noch kurz losgedüst, um den höchsten Aussichtspunkt der Stadt zu erkunden. Leider sah man neben dem erwarteten Urwald von oben auch viel abgerodete und mittlerweile brache Flächen.

Die Nacht war dann etwas kürzer, weil es ganz schön stürmte, was wiederum einen ordentlichen Lärm verursachte. Dazu gesellte sich ein kontinuierliches Ächzen, was Paul erst für eine schnarchende Kuh unter der Hütte hielt. Am Ende war es ein Baum, der sich im Wind geräuschvoll an der Terrasse rieb. Am nächsten Morgen ging es mit gesamtem Sack und Pack auf dem Roller ab in den Ort, um unseren Bus nach Banlung zu bekommen. Da schauten die Khmer nicht schlecht – denn auch Westler können völlig überladen Roller fahren.

Tam Coc

Als nächste Station hatten wir uns Ninh Binh ausgesucht, da dies auch in Fahrdistanz für Rolf lag. Los ging es mit dem Bus, dann wurde in ein Speedboot gewechselt und danach sollte die Touri-Karavane in einen weiteren etwas kleineren Bus mit etwa 20 Sitzplätzen einsteigen. Als der Kofferraum schon voll war, nachdem 10 Reisende ihre Taschen in diesem verstaut hatten, wurde die Reisebegleitung doch etwas nervös und zählte durch, wie viele Passagiere er überhaupt zu befördern hatte. Am Ende passte es auf den Platz genau, wobei ein Sitz komplett von Taschen eingenommen wurde. Etwas voreingenommen würden wir behaupten, das war keine Berechnung, sondern Glück. Wir waren etwa genauso gut vorbereitet wie unser Guide und überlegten uns 20km vor dem Ziel, welches Guesthouse man denn ansteuern könnte. Beim Blättern im Lonely Planet fiel uns auf, dass wir gar nicht so gerne nach Ninh Binh wollten, sondern sich Tam Coc (ca. 9km weiter) viel besser anhörte. Wir beratschlagten gerade, was wir bereit wären für ein Taxi nach Tam Coc zu bezahlen, als der Bus genau dort einen ungeplanten Zwischenstopp einlegte – das Glück ist mit die Dummen.

In Tam Coc wurde schnell eingecheckt, mit Rolf der neue Standort geteilt (schöne neue Technikwelt) und durch den Ort geschlendert. Als Rolf dann auch endlich ankam, war der Hunger groß, nach einigem Hin und Her (Grischa hatte besondere, nicht zu erfüllende Vorstellungen) wurde ein Restaurant gefunden und flugs die Bestellung aufgegeben. Bis das Essen kam, dauerte es ein wenig, denn die Zutaten mussten erst per Telefon bestellt werden und wurden dann per Fahrrad und Taxi gebracht und an uns vorbei in die Küche getragen. Und, kein Witz, es wurde auch eine neue Gasflasche bestellt und geliefert, derweilen der ganze kalte Biervorrat von uns aufgebraucht (3 Tiger und 2 Hanoi). Am Ende waren wir aber alle satt und es hat sehr gut geschmeckt. Danach ging es noch ein paar Kugeln beim Poolbillard versenken (eigentlich eher den Tisch durch Unfähigkeit blockieren).

Rolf verließ uns am nächsten Tag wieder, er fährt kürzere Strecken und hat damit weit mehr Fahrtage. Ihn sehen wir vorrausichtlich in Hue wieder. Wir wollten eigentlich auch nur eine Nacht bleiben und am Abend des nächsten Tages mit dem Nachtzug weiterfahren. Aufgrund von Unwettern in Mittelvietnam wurde daraus aber nichts, die Gleise waren unterspült. 

Wir verlängerten gleich um eine Nacht und buchten für den darauffolgenden Tag einen Nachtbus nach Hue.

Für die zwei Tage, die wir nun Zeit hatten, mieteten wir uns zwei Motorroller für eine Umgebungserkundung. Nach einer Pagode die über drei Bergebenen verteilt ist, wollten wir nur einen kurzen Abstecher in ein sehr schönes „Vogel-Tal“ machen, um festzustellen, dass es alleine dort genug für 3 Tage zu entdecken gab. Wir stellten unsere Gefährten auf dem Parkplatz ab, keine Motos erlaubt, und zogen zu Fuß in die wunderschöne Landschafft mit Kamera los. Als der Rückweg anstand, sprang – oh Schreck, aber eigentlich musste das auch mal passieren – ein Roller nicht mehr an. Auch der Kickstarter wollte nicht wie wir. Dass es nicht an uns lag, bewiesen die ebenfalls erfolglosen Versuche der herbeigeströmten Einheimischen. Freundlicherweise rief dann einer der Helfer in unserem Hotel an und bedeutete uns (englisch konnte keiner) zu warten. Nach 30 Minuten kam dann tatsächlich jemand, den wir für einen Mechaniker hielten, zumindest machte er sich gleich ungefragt daran, mit einer großen Schere (die als Schraubenzieher, Kabelkapper- und Isolierer, Überbrücker und jedes andere Werkzeug diente) unseren Roller auseinanderzunehmen. Nach weiteren 30 Minuten, in denen Kabel gekappt, ausgewechselt und/oder neu verdrillt wurden, der Roller sich trotzdem weigerte anzuspringen, zeigte der „Mechaniker“ dann auf seinen Roller. Wir machten uns also mit teilweise neuem Gefährt, ohne Automatik, auf die Heimreise. Im Hostel wurde zwar etwas merkwürdig geschaut, der andere Roller nach unserer Erklärung aber bereitwillig zurückgenommen. Da wir unsere Passports beim Auschecken wieder bekommen haben, hat der Rollerrücktausch wohl funktioniert.

Durch die ganze Rolleraktion war es reichlich spät geworden und wir beschlossen der Einfachheit halber im Hotelrestaurant im 7. Stock zu essen. Dies war eine wirklich gute Entscheidung! Wir wurden nicht nur mit einem grandiosen Sonnenuntergang und danach mit einem roten „Riesenmond“ belohnt, auch das Essen war fantastisch. Es gab gegrillte Ziege auf heißem Stein, die am Tisch eigenhändig mit Thaibasilikum, Ananas und Gurke in Reismehlblätter gewickelt und in eine Gelbebohnensoße gedippt wurde. Ein Gedicht.

Am nächsten Tag gab es die nächste Rollertour, zur einer Höhle, einer Aussichtsplattform inklusive gefühlten 10.000 unregelmäßigen Stufen und nach Hoa Lu, einer der vielen ehemaligen Hauptstädte Vietnams. Diesmal hielt der Roller. Gegessen wurde wieder im Hotel, in dem wir freundlicherweise in einem unbenutzen Zimmer noch duschen konnten, bevor es in den Nachtbus ging. Dieser machte nach 20 Minuten Fahrt erst einmal 30 Minuten Pause, was zur Folge hatte, dass die Temperatur – ohne Klimaanlage – schnell sehr unangenehme Ausmaße erreichte und an Schlaf erst einmal nicht zu denken war. Als es dann aber richtig losging, war es, trotz unseres hohen Alters, erstaunlich angenehm und wir konnten sogar mit einigen Unterbrechungen recht gut schlafen.