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Phnom Penh II oder: Krank in Kambodscha

Aus dem Tuk Tuk-Hassel am Busbahnhof flüchteten wir rasch, um 100 Meter weiter mit der Ansage, dass wir nur 3$ und nicht 5$ zahlen, einen nicht ganz so unentspannten Fahrer zu finden und mit ihm zum Hotel zu fahren. Mittlerweile sieht man uns wohl an, dass der Ripp-off schwer wird. Dort angekommen, bezogen wir das Zimmer, aßen eine Kleinigkeit vor Ort und fielen recht früh ins Bett. Am nächsten Tag suchten wir den Pool auf (der mit ausschlaggebend bei der Hotelwahl war), Miri sportelte in dem recht ordentlich ausgestatteten Gym und Paul erholte sich vollständig an diesem sehr entspannten Tag. Damit wir wenigstens ein bisschen aus den „eigenen vier Wänden“ herauskamen, gingen wir abends in den kambodschanischen Ableger des Restaurants, in dem wir in Saigon mit Volker und Veronika waren. Leider war das absolut kein Vergleich zu dem vietnamesischen Pendant, sodass sich Paul, der sein nicht wirklich genießbares Fleisch (das Hack war sehr grob und knorpelig) liegen lassen musste, im Hotel noch einmal stärkte. Endlich war dann Montag – und das hieß, dass die Botschaften wieder geöffnet hatten und wir unser Burma-Visum morgens beantragen konnten. Zum Glück hatten wir vorher im Hotel eine Nacht verlängert, denn abholen durften wir unseren Reisepass erst am Donnerstag ab 14h. Die eigentlich notwendige Arbeitgeberbescheinigung hatten wir nicht dabei, aber das war kein Problem, da laut Firmenwebseiten, die wir angeben mussten, beide noch in Lohn und Brot stehen. Danach gingen wir in die neu gebaute Mall um die Ecke der Burma-Botschaft und entdeckten die ersten „kleinen“ Weihnachtsdekorationen. Aufgrund der Hitze hätten wir das Fest der Liebe hier fast vergessen. Dem Konsumrummel sei Dank, dass Phnom Penh Anfang Dezember dann aber geschmückt wurde und wir regelmäßig an Weihnachten erinnert wurden. Nachmittags machten wir mit den kostenlosen Hotelfahrrädern, von denen eines das eines Mitarbeiters war und wir das andere erst im Schwesterhotel abholen mussten (manchmal hätte man lieber etwas bezahlt für ein wenig bessere Qualität), Phnom Penhs Straßen unsicher. Der Vorteil des Rads gegenüber dem Mofa ist, dass man sich langsamer bewegt und währenddessen rechts und links schauen kann, selbst wenn das bei dem Verkehr manchmal eine Herausforderung ist. Wir besuchten den mittlerweile zugeschütteten See, an dem früher das Backpacker-Viertel lag und wo wir sonst gewohnt haben. Kleine Überreste des ehemaligen Viertels trotzen den Investoren, sie haben es aber sehr schwer, weil von der Idylle rein gar nichts mehr übrig ist. Statt auf den See schaut man derzeit auf eine riesige Baustelle. Sehr schade (aber auch erwartbar) ist, dass es unseren Sandwich-Mann, der 2013 noch vor Ort war, mittlerweile auch nicht mehr gibt. Er war eine Institution bei Leuten, die in den letzten 20 Jahren Phnom Penh aufgesucht oder dort gelebt haben. Aber auch schon letztes Mal erzählte er uns von den Kompensationsangeboten der Regierung, die zwar in keinem Verhältnis zum Grundstückwert standen, er aber aufgrund seines Alters ernsthaft darüber nachgedacht hatte, sie doch in Anspruch zu nehmen und vor einer möglichen Zwangsräumung umzuziehen. Danach fuhren wir zum alten Postamt, das es nach wie vor gibt, kauften Karten und Briefmarken und zum Abendessen ging es zu einem leckeren Inder.

Das Abendessen war zwar extrem lecker, aber wir wissen nicht ganz genau, ob es auch gut war, denn tags darauf befielen Miri die Darmbakterien. Auch wenn die Symptome nicht 1:1 die von Paul waren, suchten wir dieses Mal schneller einen Doktor auf. Eine Stuhlprobe später war klar, dass es sich, wie gesagt, „nur“ um Bakterien handelte und drei Tage Ciprobay (ein Antibiotikum, das Miri schon aus Marokko kennt) angesagt waren. Dieses Intermezzo veranlasste uns, die beiden folgenden Tage mit Pool, Sport (Paul) und Tatort zu füllen und den Phnom Penh-Aufenthalt nochmals zu verlängern. Dies allerdings in einem anderen Hotel.

Weil wir zu früh im neuen Hotel waren, mussten wir uns für ein paar Stunden die Zeit vertreiben, bis unser Zimmer gereinigt war. Wir wussten bereits, dass es nachmittags in der nicht weit entfernten Mall ein neues Kino gab. Wir schwangen uns auf die vom Hotel zur Verfügung gestellten Räder (keineswegs besser als die Räder des anderen Hotels) und kamen zehn Minuten vor Filmbeginn am Kino an. Also schnell Tickets geschnappt und rein ins VIP-Filmtheater (mit deutschen Preisen, aber undeutschem Komfort) mit Riesensessel zum Herunterfahren und Popcorn + Softdrink for free. Wir mussten nehmen, was geboten wurde: Underworld – Blood Wars. Kein Meilenstein der Filmgeschichte, aber eine gute Nachmittagsunterhaltung. In dem Stamm-Supermarkt von damals kauften wir noch Brot und Käse, wonach wir selig ins Bett fielen. Am Samstag versuchten wir etwas bessere Räder gegen Geld zu leihen, blieben dabei erfolglos und radelten mit der gewohnten (diesmal aber bezahlten) Nicht-Qualität wieder durch Phnom Penh, dieses Mal auf die andere Seite des Flusses Tonle Sap, die jetzt stark bebaut ist. Mit der Fähre, auf die wir zufällig stießen, fuhren wir zurück und nahmen einen Snack im berühmten FCC – eine Bar/ein Café/ein Hotel, das während des Vietnam- und Kambodscha-Krieges eine feste Institution bei Journalisten war. Im Verkehr bewegen wir uns mittlerweile flüssig, auch das Überqueren einer 4-12-spurigen Straße (je nachdem, wie viele sich gerade nebeneinander quetschen) stellt kein Problem mehr dar und wird schlafwandlerisch auf den Rädern vollzogen (inklusive des obligatorischen Geisterfahrens). Abends haben wir endlich einmal die Bar-Szene Phnom Penhs unsicher gemacht, was sehr lustig war. In der Street 308 ist eine komplett neue Bar-Kultur entstanden, die atmosphärisch sehr cool und stylisch ist. Zwischendurch wussten wir nicht genau, ob wir in New York oder doch Berlin sind. Auch hier hat eine positive Entwicklung stattgefunden. Sonntag haben den Versuch gewagt, einen deutschen Weihnachtsmarkt zu besuchen, aber 3$ für vier Buden waren dann doch etwas schräg und so drehten wir wieder ohne Glühwein ab (was absolut nicht schlimm war). Abends wollten wir eigentlich Miris Kollegin noch einmal treffen, aber aufgrund einer „very busy week with lots of live radio shows“ war sie zu müde und wir verabredeten uns für den nächsten Besuch in 2-3 Jahren. Dafür konnten wir in Ruhe packen, „Love actually“ wie jedes Jahr schauen und den Wecker auf 5:15h stellen, weil es am nächsten Morgen um 6:20h nach Sen Monorom ging. Ein ganz fantastisches Licht nach einem Regenschauer abends und ein Sonnenaufgang am Morgen tauchte Phnom Penh zum Abschied noch einmal in eine wunderbare Stimmung – bevor wir hier festwachsen und womöglich eingebürgert werden, war es nun Zeit, wieder aufzubrechen.

Zwischenstop

Da sich trotz des ruhigen Fluges, der Mopo-Online-Meldung, dass es sich bei den Handgranaten nur um Attrappen handelte und einer Tavor-Pille bei Paul eine gewisse Nervosität einstellte, wurde  gleich nach der Landung noch auf dem Rollfeld in MUC eine zusätzliche halbe Tavor-Pille unter die Zunge gedrückt und dann ging es im Schweinsgallop zum nächsten Gate. Das Gute an einer Stunde Umsteige-Zeit: Keine Wartezeiten. Das Schlechte an einer Stunde Umsteige-Zeit: Nur kleine Reserven bei Flugverspätungen. Auf dem nun folgenden Langstreckenflug konnte Miri beim Start sogar Momente der Ruhe genießen, weil Paul seine Start-Wohlfühl-Atmosphäre gefunden hatte (1,5 Tavor, Dixie Chicks über Bose Quiet Comfort) – da schmeckt dann sogar das Flugzeugessen.

Food Plane
Food Plane

Am Ende wurden wir dann noch auf eine harte Probe gestellt, als Pauls Rucksack nicht ankam, das Display am Gepäckband aber hartnäckig behauptete: „All luggage is unloaded“. Gut, dass auch ein Crewmitglied kein Gepäck bekam, so wurde das Ganze dann nach 15 Minuten erfolgreich aufgelöst.