Mit dem local bus fuhren wir morgens um 9:15h los nach Ye, 160km südlich von Mawlamyaing. Trotz des Darminfekts machten wir uns auf die vier Stunden lange Fahrt. Wir freuten uns auf jede Pause, obwohl die Bedürfnisanstalten es leicht mit der „dreckigsten Toilette Schottlands“, in die Renton abtauchte, aufnehmen konnten. Als wir die Stadt erreichten, wurden wir sogar von einem Mitarbeiter unseres Hotels abgeholt. Die Unterkunft war brandneu, um genau zu sein: Sie hatte seit vier Tagen geöffnet. Wir wollten eigentlich in ein anderes Guesthouse, von dem wir dachten, es wäre das einzige, welches aber ausgebucht war und uns stattdessen dieses neue Hotel empfahl. Ein Anruf dort genügte und das Doppelzimmer war reserviert. Daraufhin rief uns „unser“ Hotel mehrmals täglich an, um das Zimmer noch einmal zu bestätigen oder uns immer wieder darüber zu informieren, dass sie einen Pick-up von der Busstation anbieten. Den haben wir (mehrfach) gerne angenommen und trotz der gesamten verhältnismäßig intensiven Kommunikation war der Pick-up-Fahrer bei unserer Ankunft in Ye überrascht, dass wir zu zweit waren und dann auch noch beide Gepäck dabei hatten. Er war nur mit einem Moto gekommen. Mit Blick auf unsere Rucksäcke murmelte er kurz „Let me think how I manage this“, packte dann aber entschlossen beide Rucksäcke auf die Fußablage, Miri hinten drauf und fuhr so in der ersten Runde zum Hotel. Paul wurde dann im Zuge der komfortablen zweiten Fahrt alleine nachgeholt. Dort angekommen, wurden wir erst einmal gefragt, wie wir auf Ye gekommen sind, da hier sonst kaum Touristen auftauchen. Miri hatte von diesem schönen ursprünglichen Örtchen im Lonely Planet gelesen und da wir nicht schon wieder eine ewige Busfahrt bewältigen wollten, hatten wir beschlossen, hier einen Zwischenstopp einzulegen. Als Paul dann mal nachlesen wollte, was man hier so machen kann, stellte sich heraus: Ups, Ye steht gar nicht im Lonely Planet, sondern ist nur in der Karte als Ort zwischen Mawlamyaing und Dawei markiert – aber nun waren wir schon mal hier. Ein Hotel einzuweihen war ja auch wieder eine neue Erfahrung und die tat hier besonders gut, weil wir noch ein bisschen groggy von dem Darminfekt waren, der uns in der Nacht zuvor nur schlecht schlafen ließ. Das Zimmer war blitzblank und es schien, als hätte es noch niemand benutzt. So fielen wir erst einmal ins Bett und ruhten uns ein wenig aus. Am späten Nachmittag spazierten wir noch ein wenig durch das Städtchen, das mit seiner Lage an einem See und an einem Fluss einen sehr entspannten Eindruck machte. Abends schauten wir einen Film, bevor wir wieder in die Federn fielen.
Am nächsten Morgen gingen wir den Tag ebenso gemütlich an, wie jener zuvor aufgehört hatte. Ohne große Zeitnot erkundeten wir den Ort nun etwas gründlicher. Wir gingen in Richtung See, der voll besetzt ist mit Fischen, die wiederum nicht gefischt werden dürfen, weil sich in der Mitte des Sees eine Pagode befindet. Heiligtum eben. So kann man natürlich auch Natur und Umwelt erhalten: Schöner Wald oder schöner Berg, Pagode drauf, zack! Geschützt. Manchmal kann es so einfach sein. Auf dem Weg um den See sprach uns mal wieder ein junger Burmese an, der versuchte, sein Englisch zu trainieren. Es war zwar nicht sehr einfach, aber für die Bundesliga reicht das Vokabular immer. Danach besichtigten wir zwei Pagoden (die eine auf dem See, die andere mitten in der Stadt) und schlenderten über den Markt, der so langsam seine Pforten schloss. Wir hatten am Tag zuvor zwei Möllner getroffen, die zum Sonnenuntergang gerne mit uns zum See gehen wollten. Gesagt, getan, und so verbrachten wir den späten Nachmittag und das Abendessen in ihrer Gesellschaft. Die beiden reisen regelmäßig nach Asien und das auch schon seit zehn Jahren. Er war innerhalb der (Flughafen-)Securitybranche tätig und als Bundespolizist im Kosovo und in Afghanistan. Darüber wollte er erst nicht so richtig sprechen, aber mit der Zeit und nach etlichen Reisegeschichten ist er warm geworden und so konnten wir uns noch spannende Geschichten von Naomi Campbells Geburtstagsfeier in Saint Tropez und internationalen UN-Missionen in Kabul anhören. Von letzterer war er allerdings tief enttäuscht, weil er zunächst sehr motiviert und mit klaren Zielsetzungen nach Afghanistan gegangen war, um dann festzustellen, dass sich der gesamte Aufwand nicht gelohnt hat. Diese Frustration hat er bis heute spürbar nicht ablegen können. Das Reisen in seinem vorgezogenen Ruhestand kompensiert das wohl ein bisschen.
Am nächsten Morgen liehen wir uns wieder einmal ein Motobike, was jetzt doch wieder möglich war, und fuhren in Richtung Strand, der in dieser Gegend Burmas noch sehr unangetastet ist. Leider sind viele Abschnitte sehr vermüllt – ein Problem, das Burma generell in den Griff bekommen muss. Wir fanden dennoch einen Strand, der sich bestimmt 2km die Küste entlang schlängelte und sauber war. Dort trafen wir drei Deutsche, die auf einem Moped von Mandalay aus in den Süden gefahren sind. Das ist wirklich noch eine Rarität in Burma, aber offensichtlich geht auch das. Mit ihnen zusammen sind wir auf die Suche nach einem Wasserfall aufgebrochen, der aber aufgrund der Trockenzeit nicht existierte. So trennten sich unsere Wege wieder und wir fuhren alleine zurück durch das Hinterland, in dem (noch) fast keine Touristen unterwegs sind. Miri hatte sich schon immer gefragt, ob die Eier, die hier massenweise angeboten werden, auch in so etwas wie Legebatterien hergestellt werden. Und siehe da: Auf dem Rückweg nach Ye stand recht verlassen ein riesiger Hühnerstall, den sich Miri etwas genauer anschauen wollte. Weil eine solche Inspektion anderswo nicht immer auf Gegenliebe stößt, war sie sehr vorsichtig, als sich ein Einheimischer näherte. Doch er lud sie ein, in den Stall zu gehen, dort Fotos zu machen und sich alles einmal genau anzusehen. Er war richtig stolz, seine „Farm“, die sich von den Legebatterien in Europa nur durch die Frischluft unterscheidet, zu präsentieren. Damit hätte sich nun auch die Frage nach der Eierproduktion geklärt.
Das nächste Ziel unserer Moto-Tour war der Banana Hill, auf dem – natürlich – eine Pagode stehen sollte. 2km vor dem Erreichen des Ziels hatten wir mal wieder einen Platten. Die Dichte der kaputten Hinterreifen ist für unsere Reise so langsam Rekord. Dummerweise strandeten wir dieses Mal an einer stark befahrenen Straße, an der kein Auto Anstalten machte, uns zu helfen. Ein Ort war weit und breit nicht zu sehen, dafür kilometerlange Kautschukplantagen. Weil wir ohnehin keine andere Wahl hatten, stapfte Paul einfach mal in eine dieser Plantagen rein. Die Familie, die er traf, sagte nur kurz „Hallo“ und ging dann weiter seiner Arbeit nach, als würde hier jeden Tag eine behelmte Langnase auftauchen. Die Gesprächsaufnahme musste daher mehrfach versucht werden. Am Ende kam Paul mit sieben Burmesen im Gleichschritt aus dem Wald zurück (Paul und seine sieben Zwerge). Eine ganze Familie wollte nun live sehen, was er ihnen vorher versuchte mit Handzeichen zu erklären. Aha, ein Platten! Miri wurde dann an die Hand genommen und auf den Roller des Vaters (?) gesetzt und Paul sollte langsam hinterherfahren. Also los. Nach fünf Minuten landeten wir tatsächlich bei einem Mechaniker am Straßenrand. Eine Entlohnung wollte „unser Fahrer“ nicht haben und er düste recht schnell wieder ab. Der Reifen war dann sehr fix repariert und so konnten wir sogar noch den Banana Hill kurz besichtigen, bevor wir zurück nach Ye brausten. Nach dem Abendessen mussten wir noch packen, denn am nächsten Tag wollten wir, obwohl es sehr schön hier war, weiter. Dieses Mal mit dem Zug, der für 160km acht Stunden brauchen sollte – wir waren gespannt.