Kategorie: Laos

That’s Laos

Wie gehabt ein paar Kleinigkeiten, die wir zu Laos noch festhalten wollen:

  • Der Slogan vom Tourismus-Ministerium trifft es auf den Punkt: Laos ist „simply beautiful“.
  • Die niedrige Hürde, die die anderen bisher bereisten Länder bezüglich der logistischen Transport-Fähigkeiten gesetzt haben, wird von den Laoten mit Leichtigkeit gerissen.
  • Allerdings ist der Verkehr hier – wie alles andere – sehr entspannt und das Motofahren ein Traum. Überhaupt ist Laos von einer Tiefenentspanntheit geprägt, wie wir es nirgendwo erlebt haben und dies in Hamburg wohl auch schwierig werden wird.
  • 99% der Hunde sind, selbst auf Privatgrundstücken, zu faul (oder – wieder – zu entspannt), um einen Vorbeigehenden anzubellen oder gar zu beißen. Das höchste der Gefühle ist ein schläfriger Blick aus dem Schattenplatz, bevor die Siesta weitergeht.
  • Was wir in Portugal nachts von den Hunden gewöhnt sind (einer fängt an zu kläffen und der Rest antwortet und schon sind sie in einer Kläffschleife gefangen), beginnt hier gegen 4h morgens mit den Hähnen. Einer kräht, der nächste meint, er kann es besser und so geht das in einem fort, bis von überall nur noch ein heiseres Krächzen zu hören ist.
  • Es gibt leider nicht mehr annähernd so viele gute Inder (Restaurants) wie vor 10 Jahren.
  • Wir haben gelernt, dass man in Texas nicht nur Football-, Basketball- und Baseball-Stipendien bekommt, sondern auch gute Leistungen im Rodeo (Bullenreiten) einem Studenten ein kostenloses Studium bescheren kann.

Pak Beng

Nach Pak Beng ging es mit einem kleineren Localbus, den wir erneut als einzige Touristen bestiegen. Ohne Klimaanlage fühlte sich das alles schon sehr viel besser an und der Ausblick aus den Fenstern ließ erahnen, welche schöne Landschaft sich unter den Nebelschwaden und Regenwolken in dieser Region verbirgt. Wir werden in jedem Fall zurückkommen.

Der Weg führte durch das laotische Hinterland, vorbei an zahlreichen Dörfern, in denen unterschiedliche Minderheiten leben, über Berge und Hügel hinweg, mal auf matschigen Passagen, mal auf sehr guten Straßenabschnitten. Wie es sich bei einem Localbus gehört, wurde vielfach gestoppt und Mensch und Ware ein-, um- und ausgeladen. Es war fast so, als sollte Sarah ein vielfältiger Eindruck gegeben werden – es war wirklich viel los während der Fahrt. Von dem Fahren in die falsche Richtung (was nach gut 300m gemerkt wurde und großen Tumult auslöste), über ein sehr ärmliches, barfüßiges und matschverklebtes Ehepaar (das umsonst fahren durfte), nackte Kinder, Plastikhocker im schmalen Gängchen bis zu den wohl am längsten bleibenden Eindrücken: einer Familienkrise. In einem kleinen Dorf wurde der Bus angehalten, eine ältere Frau hievte hektisch einen großen Sack Reis und eine Tasche in den Bus, hintendrein kam eine jüngere Frau mit drei kleinen Kindern. Anschließend wurde krampfhaft versucht, die Bustür zu schließen. Leider funktionierte die Türhydraulik noch (haben wir bisher auch noch nicht erlebt) und die Tür konnte nur vom Fahrer geschlossen werden. Warum die ganze Hektik ausgelöst wurde, offenbarte sich Sekunden später, als ein besoffener (Ehe-?)Mann in der Tür stand und diese blockierte. Erst folgte ein großes Gezeter, dann wurde der Herr langsam ungemütlich. Er versuchte, die (einfach apathisch im Gang hockende) Frau erst zu packen und als das nicht klappte, zog er die Jacke aus und machte Anstalten loszuprügeln. Die Männer im Bus waren schon in den Startlöchern, um einzuschreiten, sie hätten nur über Oma, Mutter und drei Kinder steigen müssen. Wir saßen nun leider direkt neben der Tür links und rechts vom Gang, verstanden kein Wort, hielten unsere Hände vor Frau und Kind und versuchten, ein beruhigendes Ho-ho-ho (klappt ja auch bei Pferden), wenn mal wieder ausgeholt wurde. Am Ende blieb es bei ein paar Luftschlägen und angespannten Minuten. So plötzlich wie der Typ eingestiegen war, stieg er auch wieder aus. Der Busfahrer schloss dann schnell die Tür und weiter ging’s.

Als wir in Pak Beng ankamen, fing es natürlich wieder an zu regnen (Sarah hat uns nicht nur Hamburger Lakritz, sondern auch Hamburger Wetter mitgebracht). Dafür ist es aber ein bisschen wärmer. Der Ort liegt leicht abfallend an einem Berghang am Mekong, ist unspektakulär, aber sehr schön und entspannt. Eine touristische Infrastruktur ist auch vorhanden, da viele Touristen ihn als Übernachtungsstopp nutzen, wenn es von Thailand nach Luang Prabang per Boot geht. Wir werden auch eine Tagesetappe auf dem Mekong verbringen und Laos mit einem Bootstrip verlassen.

Muang Xay (Oudomxai)

In der Hoffnung, Luang Prabang im Regen verlassen zu haben, um in Muang Xay wieder trockenes Wetter zu haben, fuhren wir im großen local bus als einzige Touristen morgens um 9h los. (Warum wir um 8h schon abgeholt werden mussten, obwohl der Busbahnhof nur ein paar Minuten von der Innenstadt entfernt war, verstehe, wer will.) Ausgestattet mit zahlreichen Tüten, in die man sich übergeben sollte, machten wir uns auf eine wilde Serpentinen-Fahrt gefasst, die sich aber als moderate, etwas kurvige Strecke herausstellte. Den Laoten war selbst diese zu viel und einige Mitfahrer haben ziemlich gelitten. Um den Geruch (erfolgreich) in Grenzen zu halten, wurde die Klimaanlage auf die Stufe „Eisschrank“ gestellt, zu unserem großen Leid. Sarah ist nun ein bisschen erkältet und für Miris Husten war das ebenfalls nicht förderlich.

Etwas unterkühlt kamen wir im ebenfalls regnerischen Muang Xay an, von wo aus man mit dem Moto in wunderschöne Landschaften fahren kann. Der Weg dorthin ließ schon Spektakuläres erahnen und wir freuten uns auf einen kleinen Trip ins Grüne. Zunächst mussten wir uns aber aufwärmen und so versuchten wir nach der Zimmerbelegung in einem unambitionierten Hostel, das über sehr interessante Bettwäsche verfügte, ein Café zu suchen. Das war gar nicht so einfach und kurz vor Ende des Ortes fanden wir schließlich die einzige Möglichkeit in einem halbwegs gemütlichen Ambiente warme Getränke und Suppen zu bestellen, allerdings gab es auch hier keine Heizung und die Türen blieben – warum auch immer – offen. Dabei checkten wir die Wetterlage für den morgigen Tag, der Regen wollte partout nicht aufhören und es sollte weiterhin kalt bleiben. Recht schnell beschlossen wir, den geplanten Moto-Trip beim nächsten Laos-Besuch zu starten, weil der Regen neben der Nasskälte auch dafür sorgt, dass die Wege in das Umland extrem rutschig und damit (fast) unbefahrbar werden. Es stand also fest: Auch wenn es ein Umweg war, wollten wir nach einer Übernachtung weiterziehen, zurück in wärmere Gefilde – die Stadt selber bot außer chinesisch geprägter Lokale leider auch keine Gründe, hier zu bleiben. Nach dem Kaffee besorgten wir uns noch ein Kartendeck und brachten Sarah eingewickelt in alle langärmligen Klamotten, die wir hatten, am Nachmittag Skat bei. Sie schlug sich ganz hervorragend und seither spielen wir (endlich wieder) regelmäßig Karten.

Unsere Aufbruch-Entscheidung bestätigte sich dann noch am Abend, als wir versuchten, ein nettes Lokal zu finden und die drei Reiseführer-Empfehlungen alle dauerhaft geschlossen hatten. Viele geöffnete Alternativen gab es nicht und zum Glück fanden wir noch ein nettes Plätzchen bei einer laotischen Mama (es gab natürlich wieder wärmende Suppe). Weitere Skatrunden und eine kalte Nacht später brachen wir am nächsten Tag Richtung Süden auf.

Luang Prabang

Von Vang Vieng nach Luang Prabang führen zwei Straßen, wobei man auf der neueren gut zwei Stunden weniger braucht, dafür ist diese allerdings so steil, dass normale Busse nicht hinaufkommen. Also saßen wir mal wieder in einem Minibus, weil wir die zwei Stunden gerne sparen wollten. Der Bus war glücklicherweise nicht überbelegt, sondern entsprach genau dem Kriterium „one seat, one person“. Die Umgebung, die an unseren Fenstern vorbeizog war malerisch und die Straße größtenteils neu asphaltiert, der Fahrer umsichtig und wir wurden mit wirklich tollen Ausblicken belohnt. Nach der Hälfte der Strecke wurde der Bus getauscht und jeder Fahrer konnte wieder mit neuen Passagieren in seinen Heimatort zurückkehren. Soviel planerische Leistung hatten wir den Logistik-Laoten gar nicht zugetraut.

In Luang Prabang hatten wir telefonisch ein Hostel vorbestellt, das uns von unserem Guesthouse „Pilgrim’s Kitchen“ in Savannakhet wärmstens empfohlen worden ist. Es dauerte eine Weile, dieses zu finden, weil es im kleinsten Gässchen der kleinen Gassen beheimatet war. Ansonsten war es zwar nichts Besonderes, aber tadellos.

Die Mönchsstadt mit ihren zahlreichen Wats ist wunderschön anzuschauen und wirklich toll gelegen. Allerdings ist sie auch komplett auf den Tourismus ausgelegt, sodass es außer Hotels, Restaurants und Souvenirläden eigentlich nichts gibt. Uns kam diese, auf die „westlichen“ Bedürfnisse ausgelegte, Stadt aber gerade recht, immerhin war es der 31.12. und wir hofften trotz Sperrstunde um 23h noch irgendwo ins neue Jahr feiern zu können. Einen Tag vorher hatten wir, einer Eingebung Pauls folgend, noch kurz Katie, die zur Laos-Bordercrossing-Gang gehörte und schon Miris Geburtstag mit uns gefeiert hatte, angeschrieben und gefragt, wo sie zurzeit ist. Eigentlich war sie uns schon seit Don Det immer einige Stationen voraus, aber hier sollten sich unsere Wege wieder kreuzen. Wir trafen uns also mit Katie zum Abendessen am Mekong und zum Glück verweilte Katie schon länger in Luang Prabng und wusste, wo „die Party“ stieg. Wir machten uns mit ihr also auf zum Utopia, wo wir um 00:00h zumindest ein Feuerwerk hörten. In diese Mischung aus Bar und Freiluftdisco zog es an diesem Abend alle, die nicht nur gut essen gehen wollten. Das Publikum war zwischen 20 und 40 und international. Dabei waren Nationaltäten aus Europa, Süd- und Nordamerika, Korea, China, Japan, Australien und Neuseeland – leider fehlten die Laoten, sie gab es nur hinter der Bar. Um 2h war dann doch Schicht im Schacht und wir gingen zufrieden nach Hause.

Am nächsten Tag begrüßte uns Laos, um ja kein Heimweh aufkommen zu lassen, ganz hamburgisch. Es war frisch und grau und es nieselte in einem durch. So konnten wir ohne schlechtes Gewissen lange im Bett bleiben, den Tag über Netflix schauen und uns nur zum Essen rausbewegen.

Erholt ging es am nächsten Tag früh los auf eine Mountainbike-Tour. Wir hatten den „Chicken-Run“ gebucht, um mal wieder unsere fahrerischen Grenzen austesten zu können. Das Wetter war bedeckt, aber trocken und wir erhielten erstaunlich gute Räder. Erneut waren wir alleine mit unserem Guide unterwegs, der uns erklärte, die Tour macht er meistens nur einmal im Monat, weil sie vielen zu anspruchsvoll und anstrengend ist. Generell war der Guide eher von der gesprächigen Sorte und schlug uns schon auf der ersten Fährüberfahrt vor, die geplante Tour leicht abzukürzen und noch auf den Hmong Neujahrsfeierlichkeiten vorbeizuschauen. Nach kurzer Überlegung stimmten wir der Planänderung zu, was sich als richtige Entscheidung herausstellen sollte. Erstens war die Abkürzung der spaßigste Teil der ansonsten schon guten Tour: Hier ging es richtig über Trampelpfade und durch ausgetrocknete Flussbetten. Zweitens war das Neujahrsfest ein Spektakel. Wir hatten erwartet, dass es eine Art „Vorführung“ für Touristen ist (ganz Luang Prabang ist ja darauf ausgelegt), aber weit gefehlt. Es glich eher einem kleinen Volksfest. Es gab Darts (wir haben eine Cola gewonnen), eine Art Roulette (mit unglaublich schlechten Quoten – sind trotzdem mit +/-Null rausgekommen), Miri probierte den Schießstand aus und verfehlte – zum Glück! – knapp den Hauptgewinn (sonst müssten wir uns jetzt mit einem riesigen Kuschelbären herumschlagen). Das eigentliche Ziel des Festes ist aber das Verkuppeln von Unverheirateten. Dazu kommen die Hmong (eine von ca. 50 Minderheiten in Laos) aus ihren umliegenden Dörfern, meist in schöner Tracht, manchmal aber auch ganz leger, um sich auf einen großen Platz zu begeben, lange Reihen zu bilden und Bälle hin und her zu werfen. Das Ganze dient nicht nur der Hand-Auge-Koordination, sondern soll auch zum Schäkern anregen. Dabei wird grob nach Alter getrennt und es gibt auch die „Sektion“ Geschiedene und Verwitwete. Unser Guide, selber ein Hmong, erklärte uns die Bräuche und am Ende liefen wir noch seinen zurechtgemachten Töchtern über den Weg.

Ausgepowert wieder im Hotel machten wir uns schnell frisch, denn Sarahs Flieger sollte bald landen und wir wollten sie frisch in Empfang nehmen. Pünktlich zur Landung fing es wieder an Bindfäden zu regnen. Es dauerte dann doch noch eine Weile, bis Sarah bei uns im Hostel ankam, da es wirklich versteckt lag und die freundlichen Laoten, die gefragt wurden, sie in unterschiedlichste Richtungen schickten. Am Ende hat sie kurz angerufen und wir konnten sie keine 100m von unserem Hotel entfernt aufgabeln. Ob des langen Fluges/der anstrengenden Fahrradtour und des schlechten Wetters gab es nur einen schnellen Gang über den Nachmarkt und ein fixes Essen, bevor die Nachtruhe angetreten wurde.

Am nächsten Tag wurde endlich mal wieder ausgeschlafen und ein langes Frühstück genossen. Anschließend schauten wir uns die kulturellen Highlights von Luang Prabang an, erkundeten die kleinen Gassen der Stadt und nahmen einen kleinen Snack am Mekongufer zu uns. Als Abendessen gab es Verschiedenes vom laotischen Tischgrill und in langen Gesprächen neuste Updates aus Hamburg. Um Sarahs Magen-Darm-Festigkeit zu prüfen, wurde am nächsten Morgen ein laotisches Frühstück (Suppe) an einem Straßenstand, an dem sich größtenteils Tuk-Tuk-Fahrer stärken, eingenommen (Sarah hat es gut überstanden, Paul eher weniger), bevor es mit drei Rollern losging, den schönsten Wasserfall Nord-Laos zu besichtigen. Sarah, die das erste Mal selber einen Roller fuhr, spulte die 35km pro Richtung durch kurvige Hügellandschaften bravourös ab und hatte einen Heidenspaß. Der Wasserfall war voll und toll und am Ende gab es noch eine kleine Wanderung zu einer Höhle. Im leichten Nieselregen ging es zurück in die Stadt. Da sowohl Sarah als auch Miri leicht erkältet sind, werden wir Luang Prabang morgen verlassen und hoffen auf besseres Wetter im Norden. Ziel ist Muang Xay, eine Handelsstadt in der Nähe der chinesischen Grenze, die auch für (nicht-chinesische) Touristen recht attraktiv sein soll und noch dem „echten“ Laos nahekommt.

Vang Vieng

Als wir vor zehn Jahren in diesem Örtchen waren, befanden sich dort ca. 15 Hostels, zahlreiche laotisch-indische Restaurants/Bars und keine einzige Reiseagentur. Die meisten Touristen verbrachten damals ihre Zeit damit, zugekifft in einer der Bars Filme oder Serien in Dauerschleife zu schauen. Eine Trekkingtour, wie wir sie damals unternahmen, war relativ unüblich.

Vang Vieng ist umrundet von einer wahnsinnig schönen Landschaft mit Höhlen und Wasserfällen, die in Becken enden, in denen man schwimmen kann, und mit herrlichen Karstfelsen, durch die sich malerisch ein blauer Fluss schlängelt. Dieses kleine Paradies wurde dem Ort bis 2012 zum Verhängnis. Hinzu kam das sehr offensiv angebotene „Tubing“: In einem aufgeblasenen Traktorreifen-Schlauch ließ man sich den seichten Fluss hinuntertreiben, wobei prima Cocktails geschlürft, Bier getrunken und diverse Drogen konsumiert werden konnten. Das sprach sich herum. Zwischen 2006 und 2012 stürmten Massen an Backpackern und Partytouristen nach Vang Vieng und verwandelten den Ort nach und nach in einen Ballermann, in dem (ihrer Ansicht nach) alles erlaubt war. Dresscodes, Anstand, Rücksicht auf Anwohner gab es nicht mehr, laute Musik dröhnte ununterbrochen aus diversen Bars am Fluss und im Dorf, Vang Vieng galt als DER Partyort schlechthin. Leider gab es nicht nur vermehrt Knochenbrüche von betrunkenen Touristen, die an zu flachen Stellen ins Wasser gesprungen oder mit den Tubes umgekippt waren, sondern 2011 auch ca. 30 Bade-Unfälle, die tödlich endeten.

Das alles passte überhaupt nicht zu dem ansonsten so ruhigen, entspannten Laos. Dies sah eine Delegation von Offiziellen ähnlich, als sie 2011 nach zahlreichen Beschwerden Vang Vieng besuchte und entsetzt von den dortigen Zuständen war. Sofort wurden am Tag darauf alle illegalen Bars (und damit die Mehrheit) geschlossen, es wurde eine Sperrstunde eingeführt und für die verbliebenen Bars und Tubing-Anbieter galten strenge Auflagen. Dies hatte auch einen massiven Rückgang der Touristen zur Folge, denn Party machen konnte man nun nicht mehr in Vang Vieng. Ab 2012 haben die Tour-Anbieter versucht, ihr Angebot in Richtung Outdoor-Touristen und Familien anzupassen, die heute mehrheitlich in Vang Vieng zu sehen sind. In diese Transformationsphase sind nun auch wir zehn Jahre später wieder zurückgekommen und wir sind ziemlich froh, die jüngste Geschichte von Vang Vieng nicht live miterlebt zu haben. Allerdings sind wir uns nicht sicher, wohin Vang Vieng steuern wird und will, es waren einige Baustellen sichtbar, die stark nach neuen Bars und Vergnügungspontons am Fluss aussahen, aber auch solche, die eher an Resorts erinnerten.

Nach unserer Ankunft am späten Nachmittag suchten wir uns ein Hostel, das von seinem Laubengang einen grandiosen Blick auf den Fluss mit den dahinterliegenden Felsen hatte. Das lud sofort zum Bier beim Sonnenuntergang ein, bei dem wir beobachten konnten, wie sich einige LKW in Ermangelung einer Brücke einfach durch den Fluss den Weg bahnten. Für den nächsten Tag hatten wir eine Kajaktour gebucht und uns graute ein bisschen vor den vielen Touristen, die mit uns auf dem Fluss schipperten. Aber Pustekuchen: Wir waren mit dem Guide alleine und auch während der Tour war von anderen Gästen fast nichts zu sehen. Der Vorteil war, dass wir nur Kajak fahren wollten und nicht eine der üblichen Tubing-, Ziplining-Touren (an Drahtseilen durch den Dschungel gondeln), Dorfbesuche oder Kayak-Kombis gebucht hatten und dann sollte unsere Tour auch noch 15km lang den Fluss hinunter führen (das ist den meisten dann doch zu anstrengend). Eine Gruppe (6 Leute) überholten wir auf dem Wasser und eine andere (ca. 30 Personen), bevor sie in den Fluss gestiegen war. Ansonsten waren wir nur für uns. Es war herrlich. Zwei Stunden paddelten wir in einer friedlich morgendlichen Stimmung den Fluss hinunter durch die sensationelle Landschaft um Vang Vieng. Unsere Bootfahr-Skills konnten wir auch zur Schau stellen: An einer der wenigen anspruchsvolleren „Stromschnellen“ sagte unser Guide noch: „Safe all your belongings“, schipperte die Halbe-Meter-Stufe hinab und kippte um. Wir hingegen meisterten auch dieses Hindernis ohne Probleme und konnten ihm sein Boot retten, welches, glücklich seiner neu gewonnenen Freiheit, mit der Strömung davoneilte. Sehr zufrieden kehrten wir gegen Mittag in unser Hostel zurück, erledigten ein paar organisatorische Dinge am Nachmittag und wiederholten unser Sonnenuntergangsbier vor der Haustür.

Tags darauf mieteten wir uns mal wieder Motos und erkundeten die Landschaft auf eigene Faust. Ziel waren ein paar Höhlen, ein 300m hoher Aussichtspunkt, den wir erklommen und auf dem wir eine tolle Sicht geboten bekamen, sowie zwei Lagunen, in denen man schwimmen konnte. Eine der Lagunen kannten wir von unserem Trip vor zehn Jahren. Damals war sie nur mithilfe von Wegweisungen der Bewohner zu finden, sie konnte lediglich auf einer Schotterpiste erreicht werden und die An- und Abfahrt nahm einen ganzen Tag in Anspruch. Auch deshalb waren wir damals fast die einzigen Touristen, die von den Bäumen ins kühle Nass sprangen (und eine Stunde ganz für sich hatten). Heute führt eine geteerte Straße dorthin, wir mussten am Parkplatz (!) anstehen, Eintritt zahlen und die Lagune mit ca. 200 weiteren Besuchern teilen. Das wäre vielleicht alles nicht so dramatisch gewesen, wenn sich dieser Ort nicht gänzlich in einen kleinen Vergnügungspark verwandelt hätte, der mit einem deutschen Freibad vergleichbar ist, Wasserrutsche, Imbisse, Kioske, Rasenliegeplätze, Umkleiden inklusive, nur anstatt Schwimmflügel gibt es Schwimmwesten. Das Wasser ist immer noch so wunderschön blau und auch das Hineinspringen macht weiterhin Spaß, doch die Atmosphäre ist nur schwer zu ertragen. Paul war so geschockt, dass er das Schwimmen in dieser Lagune auslassen musste, mit einigen Tränen in den Augen saß er nur fassungslos am Rand. Dafür wurde er mit dem Baden in einer 10km weiter entfernten Lagune bei sehr viel geringerem Menschenaufkommen belohnt. Die Vorteile des zunehmenden Tourismus konnten wir aber postwendend erfahren: Der Aussichtspunkt, den wir ebenfalls auf unserer Tour ansteuerten, war nur zu erreichen, weil dort eben für die Touristen so etwas wie ein Pfad angelegt worden war (definitiv nicht TÜV-gerecht), der den meisten aber zu mühselig ist. So durften wir dort unsere Ruhe genießen. Zusammen mit dem Sonnenuntergang ging es zurück nach Vang Vieng, wo wir zum Abendessen bei einem Thai-Deutschen einkehrten, der uns mit ein paar Geschichten an seinem Leben in Laos teilhaben ließ und einen super Kartoffelsalat zubereitete (natürlich ohne Mayo). Unseren Vang Vieng-Aufenthalt beendeten wir am letzten Tag mit einem ausgiebigen Spaziergang ins Grüne, der uns zu einem kleinen Aussichtspunkt und einer weiteren Höhle führte. Am Abend haben wir einen Franzosen, mit echtem Steinofen, Pizza für uns backen lassen und noch einmal den Sonnenuntergang (dieses Mal ohne Bier) genossen, bevor die Rucksäcke wieder gepackt wurden und am nächsten Tag der Bus nach Luang Prabang startete.

Vientiane

Ziemlich viele Touristen haben uns seit Grenzübertritt nach Laos von Vientiane abgeraten und empfohlen, die Stadt zu überspringen. Höchstens für eine Nacht solle man dortbleiben, die Stadt habe einfach nichts zu bieten. Glücklicherweise haben wir den Ansagen nicht ganz, dafür aber unserem Faible für Hauptstädte vertraut – und wurden belohnt. Sicherlich ist Vientiane nicht mit Bangkok zu vergleichen und auch Phnom Penh hat schon größere Schritte hinter sich, aber die Hauptstadt von Laos bietet dafür eine sehr entspannte Stimmung, eine wunderbare Riverside am Mekong mit kleineren Bars und Restaurants, überschaubaren Verkehr und erzählfreudige Bewohner.

Mit Googlemaps ausgestattet ließen wir uns wieder frühzeitig aus dem Songtheo, in das wir nach der Busfahrt verfrachtet wurden (diesmal handelten wir und schlugen für die 10km einen ordentlichen Preis heraus), schmeißen und gingen (oder um genau zu sein: Paul fiel) die letzten 100m zu Fuß. Während des Blicks auf das Handy und die Karte war ein extrem schief angelegter Kantstein in Pauls Weg, es machte „Wummms“ und Paul lag samt großem Reiserucksack auf dem Rücken längs neben dem Bordstein auf der Straße, das Handy 10m weiter. Roland hätte ihn als rote Vientiane-Wegschnecke bezeichnet. Wir sind kurz vorher über eine grüne Fußgängerampel gegangen, weshalb in dem Moment kein Fahrzeug kam, Paul wieder aufstehen konnte und wir nach einer kurzen Sichtung der Schürfwunden weitergehen und -humpeln konnten. Auch das Handy hatte den Weitwurf einigermaßen gut überstanden. An der nächsten Ecke hielt uns ein etwas älterer Motofahrer an, der gesehen hatte, dass Paul gestürzt war. Er erkundigte sich nach seinem Wohlergehen und wollte uns irgendwohin mitnehmen, aber als wir ihm versicherten, dass alles in Ordnung war, fing er an, uns seine Lebensgeschichte zu erzählen. Er war in Deutschland (genauer: der DDR, natürlich), fand Honecker richtig prima, hatte auch nichts gegen Kohl und gab seine wenigen Worte in deutsch zum Besten. Als er allerdings zum vierten Mal ansetzte, um die Geschichte zu erzählen, insistierten wir doch darauf, Pauls Wunden zumindest säubern zu müssen und verabschiedeten uns recht flink von ihm. Das Hotel war nur drei Minuten entfernt und nach kurzem Abtupfen des Arms und der Hände war schnell klar: alles nicht schlimm, der Knöchel war ein bisschen verstaucht, aber für das Gewicht, was da zu Boden ging, Glück gehabt – hat mich etwa einer fett genannt?

So konnten wir am Abend noch in Richtung Mekong aufbrechen, wieder einmal einen wunderschönen Sonnenuntergang genießen, die Flusspromenade, die für Fußgänger angelegt ist, entlang spazieren und in einer Bar einkehren in der es fantastische Gyoza gab. Die Bar erinnerte Paul an das Berlin der 90ger Jahre. Ein paar Stahlträger und Bretter vor einem Abrissbau, fertig ist die Szene-Sushi-Bar in schöner Lage. Aber lieber nicht daran gewöhnen, denn in spätestens 5 Jahren, aber vielleicht auch schon morgen ist der Bau renoviert und etwas ganz anderes an diesem Ort entstanden. Zum Abschluss wählten wir als Abendessen laotisches Barbecue, das an der Riverside angeboten wurde, kehrten noch in eine Karaoke-Bar mit vielen einheimischen Jugendlichen ein (eine echte Karaoke-Bar wohlgemerkt, nicht die verkappten „Edelpuffs“), trauten uns aber nicht ans Mikro und fielen später sehr zufrieden ins Bett.

Am nächsten Tag verlängerten wir gleich unseren Aufenthalt im Hotel, weil uns schnell klar wurde, dass wir all das nicht in zwei Tagen schaffen würden, was wir uns vorgenommen hatten. Weil Weihnachten war, hatten wir uns ein etwas besseres Hotel ausgesucht, das schöne Zimmer und einen Pool hatte. Das angepriesene Gym war leider noch in der Renovierung, was für Paul kein Problem war, da sein Knöchel mittlerweile auf das 3-fache angeschwollen war, für Miri aber etwas schade. Sie hat mittlerweile ein Sportdefizit und steht unter akuter ADHS-Gefahr. Als erstes machten wir uns auf zu einer Apotheke, um einen Verband für Pauls Knöchel zu finden, verweilten anschließend etwas länger in einem Café und unternahmen nur einen Ministadtbummel. Am frühen Nachmittag machte Miri sich dann trotz der Temperaturen auf zu einer Joggingrunde, denn im nahegelegenem Park gab es obendrein noch Fitnessgeräte. Ausgepowert und kurz vorm Hitzekolapps, aber glücklich war sie nach einer Stunde wieder im Hotel. Abends hatten wir eigentlich ein Weihnachtsessen bei einem hochgelobten Franzosen geplant, da unser Hotel allerdings ein Weihnachtsbarbecue ankündigte, schauten wir als erstes dort vorbei. Es wurde ein etwas unweihnachtlicher, aber sehr lustiger Abend. Das weihnachtlichste war „Jingle-Bells“ in einer schlimmen Quietsche-Version in Dauerschleife. Den ganzen Abend durchlief man die dafür typische Musik-Gefühls-Schleife: amüsiert, mitschunkelnd, genervt, ignorierend, aggressiv, verzweifelt, resignierend. Verköstigt wurden wir mit Hähnchenflügeln, Pommes, Fleischspießen, Frikadellen, Salat, Früchten und Bier. Paul schnackte am Buffet noch einen Typen mit, der ganz alleine an seinem Tisch saß und so etwas geht an Weihnachten natürlich gar nicht. Wie sich herausstellte, war er ein in Singapur lebender Londoner, der viel in Asien unterwegs ist (sowohl beruflich als auch privat) und uns einige neue Reiseziele empfehlen konnte. Der Abend wurde länger und wir irgendwann die letzten Gäste. Also setzte sich die verbleibende Bedienung (die laut eigenen Angaben schon früh gemerkt hatte, „that’s the funny table“) mit an unseren Tisch und unsere Asienkenntnisse wurden weiter vertieft. Den Plan, noch weiter zu ziehen, ließen wir bleiben und somit verbrachten wir den Weihnachtsabend gänzlich im Hotel.

Der nächste Tag bestand aus leichtem kulturellen Programm. Ein paar Sehenswürdigkeiten (Wat Si Saket und Haw Phra Kaew) lagen glücklicherweise nahe unseres Hotels, so dass ihre Besichtigung auch mit Pauls Knöchel kein Problem war. Abends holten wir unseren Besuch beim Franzosen nach. Das Weihnachtsmenü war zwar aus, aber wir wurden trotzdem vorzüglich verköstigt.

Am letzten Tag liehen wir uns Mountainbikes und erkundeten damit die Stadt. Wir fuhren den Mekong entlang und schauten uns Pha That Luang und Patuxai an. Abends mussten wir uns nochmal den Night Market und die Promenade anschauen, die Stimmung dort ist so entspannt und fröhlich. Es gibt öffentliche Sportkurse mit Blick auf den Mekong, Inliner, Jogger, Radfahrer, Biertrinker und alle genießen den lauen Abend miteinander. Bevor es wieder in das etwas ländlichere Laos ging, sind wir erneut zu einem Japaner gegangen und haben das vegetarische Sushi probiert. Geht besser, kann man aber machen. Am nächsten Morgen fuhren wir dann per „VIP-Bus“ (mit ganz vielen anderen VIPs), der auch wirklich mal ganz angenehm war, nach Vang Vieng. Wir waren ziemlich gespannt, wie es dort ausschaut, denn Vang Vieng hat eine sehr wechselhafte touristische Entwicklung in den letzten 10 Jahren durchgemacht. Aber die Geschichtsstunde gibt es dann beim nächsten Eintrag.

Thakhek

Die Fahrt nach Thakhek verlief so unspektakulär, dass wir gerade Probleme haben, sie zu erinnern. Die ganzen Busfahrten der letzten Wochen verschwimmen etwas in unseren Köpfen. Am Ende landeten wir auf jeden Fall an einem der etwas außerhalb liegenden Busbahnhöfe von Thakhek. Da wir keinen Plan hatten, wo wir sind, haben wir uns in ein Songtheo (Sammeltaxi oder ein etwas größeres Tuk Tuk) laden und für 1$ pro Person zu dem Hotel chauffieren lassen, das wir uns aus dem Lonely Planet herausgesucht hatten. Ein anderer der ausschließlich laotischen Passagiere machte laut „Huui“ und als wir nach 5 Minuten Fahrt wieder herausgeschmissen wurden, war uns auch klar, dass wir zu viel bezahlt hatten. Dies ist uns schon lange nicht mehr – zumindest so offensichtlich – passiert.

Das Hotel lag 3km vor der Stadt und war leider schon ganz schon heruntergekommen, unser Lonely Planet ist 3 Jahre alt und da kann viel passieren. Endlich bekamen wir auch eine Idee davon, warum einige Hotels, denen man ansieht, dass sie wirklich mal schön waren, so vernachlässigt aussehen. Der Rezeptionist sagte, es gibt auch neue Bungalows, die vom gleichen Tresen gemanagt werden, aber 5$ mehr kosten und „same same“ sind. Eigentlich lohnt sich der Aufpreis also gar nicht. Die Räume und Bäder waren tatsächlich ähnlich groß, damit hatten sich die Gemeinsamkeiten aber auch schon erledigt. Eine Variante war sauber, neu gestrichen, es hab keinen Schimmel, stattdessen eine schöne Holzdecke ohne Flecken, Spiegel im Bad etc. So richtig zum Wohlfühlen. Die andere Variante war das Gegenteil, aber für den laotischen Portier gab es einfach keine wirklichen Unterschiede, die die Preisdifferenz gerechtfertigt hätten. Beim Bier am Pier in der Stadt während des obligatorischen überwältigenden Sonnenuntergangs am Mekong lernten wir dann auch noch 2 Reisende kennen, die uns von Bettwanzen in den alten Zimmern erzählten. Alles im allem war das Extra-Geld also weise ausgegeben.

Auf dem Rückweg zu unserem Hotel kamen wir an einem Songtheo vorbei, welches offensichtlich Probleme hatte. Zumindest lag der Fahrer unter dem Führerhaus und versuchte mit seinem Handy etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Als gut ausgerüstete Traveller hatten wir natürlich eine Taschenlampe dabei („typical Germans, they are prepared for everything“), die wir herausholten und Miri leuchtete dem Fahrer beim Suchen des Problems. Nachdem er den Beifahrersitz ausgebaut hatte, um an den Motor etc. zu kommen, wurde Miri die Taschenlampe abgenommen und in den Mund gesteckt, um sich selber leuchten zu können. Während Paul sich ein Bier kaufte und es sich auf dem Bordstein gemütlich machte, lernte Miri von den Damen (früher hätte man politisch unkorrekt Waschweiber gesagt), die als Passagiere in dem Songtheo saßen, das Zählen bis 1.000 auf laotisch. Nach 30 Minuten bekamen wir eine nasse Taschenlampe (wir hätten ihm die Stirnlampe anbieten sollen – ja auch sowas haben wir dabei) wieder und schlenderten von dannen. Leider hatten wir einen anderen Heimweg als die Route des Songtheos, sonst wäre eine Fahrt umsonst wohl kein Problem gewesen.

In Thakhek macht man eigentlich „den Loop“: eine Rollertour durch das Hinterland mit 2-4 Übernachtungen auf dem Weg. Da uns aber irgendwie die Zeit wegläuft, wir zu Weihnachten in Vientiane sein wollten und wenn man den Loop in 2 Übernachtungen durchzieht, es einen Tag mit dem Roller nur über den eher unattraktiven „Highway“ geht, haben wir uns dagegen entschieden. Man muss ja auch noch ein paar Aktivitäten für den nächsten Laosbesuch übriglassen. Stattdessen mieteten wir uns den Roller nur für einen Tag und machten uns in die nähere sehr beeindruckende Umgebung auf. Auch hier gibt es schöne Höhlen zu besichtigen (inklusive Höhlenschwimmen), einen klaren Fluss zum Baden, der sich spektakulär durch die Landschaft schlängelt und einen Berg mit herrlicher Aussicht und so steilem Aufstieg, dass einem bei den derzeitigen Temperaturen der Schweiß aus allen Poren läuft. (Wären die Reisfelder noch grün und nicht schon abgeerntet und braun, wäre der Anblick vor Schönheit sicher nicht auszuhalten gewesen.)

Dass es mit der Gleichberechtigung nicht so weit her ist, konnte man gut daran erkennen, dass die Reaktionen der Laoten von belustigt bis zu entsetzt reichten, weil Miri fuhr und Paul hinten drauf saß. Der Vorteil am nicht-Loopen war, dass wir etwas später losfahren konnten und so die meisten anderen Touristen schon wieder auf der Straße waren, als wir an den Sehenswürdigkeiten ankamen. Auf diese Weise hatten wir die Höhlen für uns und beim Baden mussten wir uns den Fluss nur mit einem anderen Pärchen teilen. Am Abend ging es noch kurz zur Busstation, um Tickets nach Vientiane für den nächsten Tag zu besorgen.

Da unsere Bleibe ja etwas außerhalb lag und es abends in Thakhek sowieso nicht viel zu unternehmen gibt, blieben wir am zweiten Abend in unserem Zimmer, versuchten ein wenig Netflix zu schauen (das Internet ist in Laos allerdings nicht so richtig stabil) und nach 1,5 Folgen können wir sagen, „Designated Survivor“ macht Lust auf mehr.

Savannakhet

Eher spontan und weil wir keine Lust auf eine ewig lange Busfahrt hatte, strandeten wir in Savannakhet, der zweitgrößten Stadt von Laos – und was war das für eine schöne Überraschung! Dieser Ort ist (noch) geprägt von einer extrem entspannten Stimmung, die unglaublich gut zu den alten kleineren Kolonialbauten passt, die wiederum nach und nach zu stylischen, schönen Cafés umgebaut werden. Dies alles fügt sich zusammen mit dem Mekong und einem Flussufer, hinter dem die Sonne abends untergeht, zu einer liebenswerten Stadt, die bisher noch nicht von den Touri-Bussen angesteuert wird. Wenn die Entwicklung aber so weitergeht, dauert das nicht mehr lange – zu Recht.

Diese Stimmung mussten wir am Tag unserer Ankunft erst einmal auf uns wirken lassen und so spazierten wir durch die Abendsonne zum Mekong und genossen dort ein Bier pünktlich zum Sonnenuntergang. Danach suchten wir für noch ein paar weitere Beer Lao eine coole Bar neben dem Night Market auf. Andernorts sind diese Bars und besonders die Night Markets häufig auf Touristen oder zumindest Expats ausgelegt, hier aber ist die einheimische Jugend das Zielpublikum, was schön ist und sich natürlich auch auf die Atmosphäre auswirkt.

Am nächsten Morgen wurde es dann etwas später und wir erkundeten die Stadt zu Fuß. Unser erstes Ziel war es, irgendwo Frühstück zu bekommen, was sich als gar nicht so einfach herausstellte. Dabei sollte es kein Problem sein, dass es schon fast Mittag war und kein Frühstück mehr angeboten wurde, sondern vielmehr am Sonntag ein Café o.ä. zu finden, denn fast alles hatte geschlossen. Am Ende wurden wir dann doch fündig und genossen einen relativ ordentlichen Brunch. Der Rest des Tages floss irgendwie so vorbei. Abends zeigte sich wieder die Herausforderung, etwas Essbares aufzutreiben. Am Ende landeten wir in Laos in einem französischen Restaurant, aßen italienische Speisen, wurden bedient von thailändischen Kellnern und es schallte „Dschingis Khan“ auf deutsch aus den Boxen (was wir uns NICHT gewünscht hatten).

Am nächsten Morgen liehen wir uns Fahrräder und waren gespannt darauf, was die Stadt am Montag für uns bereithielt. Nun hatten zwar die Cafés geöffnet, ansonsten war aber nicht viel mehr los als am Sonntag, langsam verstanden wir den Spitznamen „Lazy-town“. Erst waren wir verwundert, da es sich um einen Handelsknotenpunkt zu Thailand handeln soll, aber mittlerweile verstehen wir: Wenn man geographisch so gut liegt, kann man auch mit geringem Aufwand ein gutes Einkommen erreichen – also kann man das Ganze auch relaxt angehen.

Mit den Rädern fuhren wir zu einem 10km entfernten See, erst über etwas bessere Straßen, die dann zu einer Sandpiste wurden, auf der wiederum die Schlaglöcher immer größeren Raum einnahmen. Googlemaps war erneut nicht ganz präzise, der Weg wurde immer schmaler und schmaler und schließlich standen wir inmitten von trockenen Reisfeldern, einer Kuhherde und zwei aggressiven Hunden. Der Bewohner des einzigen Hauses in Sichtweite signalisierte uns, in welche Richtung wir unsere Räder schieben sollten und zehn Minuten später standen wir an der Hauptstraße, die uns dann auch erfolgreich zum See führte. Dorthin fahren die Laoten zum Mittag oder Feierabend mit ihren Motos, lassen sich dort in Hütten am Ufer nieder und sind dann auch dem Bier nicht abgeneigt. Für uns war es etwas früh für Bier, also bestellten wir in einer der Hüttchen eine Pepsi, die allerdings nur in der 1,5-Liter-Flasche verfügbar war. Nun gut, wir hatten ja keine Wahl, austrinken konnten wir sie dennoch nicht. Nach einer Partie Schach schwangen wir uns wieder auf unsere (bisher schlechtesten) Drahtesel und fuhren auf der Belag-technisch sicheren Route wieder zurück in die Stadt. Wir konnten mit unseren Rädern fast die Tour de France imitieren: Paul mimte den Armstrong in einem durchgängig niedrigen Gang und Miri machte einen auf Ullrich mit einer nur halb so hohen Trittfrequenz. Da der Weg über Hügel und Abfahrten führte, hatte jeder einmal den Vorteil des jeweiligen fixierten Gangs (Hamster im Rad vs. Aus-dem-Sattel-Müssen beim Anstieg). Weil es an diesem Tag extrem warm war, schwitzten wir beide ordentlich. Da kam die Abkühlung in einem Pool, den ein größeres Hotel auch für externe Besucher geöffnet hatte, genau richtig. Also hinein ins kühle Nass! Hier wurden wir noch Zeugen eines Weittauchkontests zwischen laotischen Bauarbeitern, die plötzlich als 10er Gruppe den Pool stürmten. Miri hätte locker gewonnen, wollte den Männern aber keine Schmach zufügen. Eine Dusche und ein leckeres Dinner im Hotel rundeten diesen schönen Tag ab.

Am nächsten Morgen mieteten wir uns ein Moto, weil wir den Umkreis von Savannakhet erkunden wollten. Es war nicht ganz einfach, ein Moped-Verleih zu finden und so waren wir froh, als wir nach einer Dreiviertelstunde endlich fündig wurden. Während der kurzen Probefahrt wurde uns schnell klar, dass das Moped das bisher schlechteste unserer Reise war. Da wir aber endlich eines gefunden hatten und ohnehin nur einen halben Tag damit unterwegs sein wollten, fuhren wir damit los. Schnell noch tanken und Luft aufpumpen und auf ging’s. Unser erstes Ziel war ein alter Tempel, der hinter dem See von gestern lag. Die Strecke kannten wir ja und so war es ein Leichtes, die heilige Stätte zu erreichen. Doch wir kamen nicht weit. Miris Schultern waren zwar bedeckt, aber dass eine Frau in einer Hose zu dem Tempel wollte, wurde (zum ersten Mal auf unserer Reise) nicht geduldet. Ein gewöhnlicher Rock hätte aber auch nicht gereicht, es musste der traditionelle laotische Rock sein, den man praktischerweise gleich am Stand nebenan kaufen konnte. Das war nun doch etwas zu viel des Guten und so fuhren wir nach ein paar von außen aufgenommenen Fotos weiter. Nächstes Ziel war der Turtle Lake. Aufgrund der Trockenheit war der Lake schon etwas geschrumpft und Schildkröten haben wir auch keine gesehen, aber glücklicherweise ist ja der Weg das Ziel. Danach mussten wir auch schon wieder den Heimweg antreten, da wir nicht zu spät ins Hotel kommen wollten; es sollte ja noch gepackt werden. Aber Pustekuchen: Paul fragte Miri noch, ob sie nicht auch den Eindruck habe, dass sich der Roller komisch anfühle, da machte es schon „Peng!“ und der Schlauch war im Eimer. Ventil rausgerissen. Da standen wir nun, wie bestellt und nicht abgeholt, mit unserem Gefährt in der sengenden Hitze. Kennt noch jemand den Song „Schön war die Zeit“? Also: „Breeeeeeenend heißer Wüstensand…“. Hilft ja nichts, wer seinen Roller liebt, der schiebt.

Als erstes kamen wir an den Hütten vorbei, in denen wir gestern unseren gemütlichen Pepsi-Mittag am See verbracht hatten. Leider konnte man uns dort nicht helfen und wir wurden ins nächste Dorf verwiesen. Noch schnell ein Wasser gekauft (dieses Mal gab es auch Wasser in großen Flaschen) und weiter ging die wilde Fah… ach nein, die langsame Schieberei. Als wir 15 Minuten später den „Ort“ (bestehend aus fünf Hütten) erreichten, gab es das nächste Problem: Der Mechaniker war nicht da. Trotzdem machte sich ein junger Laote in der benachbarten Mechaniker-Hütte daran, unser Hinterrad abzubauen. Allerdings sah er nicht so aus, als wüsste er, was er tut. Eher nach dem Motto: Einfach mal alles abschrauben, bis man das Hinterrad herauswürgen kann. Dabei fielen etliche Schrauben, Muttern und alle möglichen anderen Teile in den Sand und blieben dort auch liegen. Den Schlauch bekam er noch aus dem Reifen, den neuen aber nicht wieder hinein. Er würgte dabei so mit seinen Schraubenziehern rum, dass wir beide sowie eine anwesende Oma (zumindest ihren Gesten nach zu urteilen) schon meinten, dass der neue Schlauch jetzt wohl auch kaputt sei – und so sollte es auch kommen. Der Mechaniker Nummer 1 bekam dies jedoch nicht mehr mit, denn plötzlich fiel ihm ein, dass er seine Wasserbüffel impfen musste und weg war er. Allerdings nicht ohne einen Freund einzuweisen, den er vorher noch schnell angerufen hatte. Dieser erledigte das Einsetzen des Schlauches mit Bravour, als zur Probe aber aufgepumpt wurde, stellte sich heraus, dass der Schlauch tatsächlich kaputt war – dank Mechaniker Nummer 1. Mechaniker Nummer 2 holte den Schlauch also wieder aus dem Mantel, krampfte einen zweiten neuen Schlauch hinein und nach weiteren 20 Minuten war wieder Luft im Reifen. Der Reifen befand sich allerdings noch neben und nicht an dem Roller. Nachdem Mechaniker Nummer 2 das Chaos von Mechaniker Nummer 1 sah, wurde er kurz still und musste leider auf der Stelle weg. Wohin, wissen wir nicht. Glücklicherweise kam nun Mechaniker Nummer 3, dem die Werkstatt auch gehörte. Das erste Mal hatten wir das Gefühl, jemand weiß, was er tut und keine 30 Minuten später konnten wir mit einem geheilten Moto Richtung Stadt aufbrechen. Das Früh-im-Hotel-wieder-Ankommen konnten wir zwar nicht einhalten, das Packen für den Bus am nächsten Tag nach Thakhek haben wir aber trotzdem noch gut hinbekommen.