Tat Lo
Nachdem wir Miris Rucksack zum Reiseutensil erklärten, wurde alles, was wir auf einer kurzen 2-Tagereise nicht gebrauchen konnten, in den Rucksack von Paul gestopft. Heraus kam ein mannshoher Kollos, der kaum zu tragen war. Glücklicherweise war es nur ein kurzer Weg vom „Stinke-Guesthouse“ zum Motoverleih, wo wir das nicht benötigte Gepäck lagern konnten. Wir hatten uns dafür entschieden, beide ein eigenes Moto zu leihen. Bei Pärchen wird sich oft eines geteilt und dann fährt IMMER der Mann. Um Streitereien über den Fahrer aus dem Weg zu gehen, investierten wir die extra 6€ pro Tag – außerdem macht es so viel mehr Spaß. Unsere Mitreisenden teilten sich einen Roller, wohl eher nicht aus Kostengründen, sondern weil Christie nicht fahren wollte. So konnte sie ausgiebiger die Landschaft bestaunen. Unser Tagesziel war Tat Lo, ein kleines Dorf am Anfang des Bolaven Plateaus. Dieses hat nichts mit Bolivien zu tun (obwohl auch hier exzellenter Kaffee hergestellt wird), sondern bedeutet „Heimat der Laven“, einer ethnischen Minderheit von Laos.
An diesem Reisetag ging es eher um das Fahren und Bestaunen der vorbeiziehenden Landschaft. Es stand zwar ein Stopp an einem Wasserfall an, dieser war aber doch eher unspektakulär und von Thais überlaufen. Wir schauten ihn uns trotzdem pflichtgemäß an. Ansonsten gab es nur noch einen Halt, um an einer Plantage einen frisch geernteten und gerösteten Kaffee zu genießen. Der hiesige Kaffee zeichnet sich durch die Abwesenheit der Bitterkeit und eine leichte Kakao-Note aus. Unseren Ami-Begleitern war er aber zu stark, wie eigentlich jeder Kaffee in Südostasien. Auf Miris Nachfrage, ob die beiden ihren Kaffee sonst so trinken, wie amerikanisches Bier schmeckt – wässrig –, kam als Antwort nur eine Wasserflasche geflogen.
Die Fahrt verlief ansonsten Zwischenfalls-frei auf fein geteerten Straßen ohne viel Verkehr. Einem kurzen Regenschauer wurde getrotzt, indem Miri ihre Regenjacke das erste Mal in diesem Urlaub herausholte und Paul endlich ein 2006 bei Globetrotter erstandenes Regen-Cape ausprobieren konnte. Beide Utensilien taten ihren Dienst, wobei Miri weiterhin schick aussah. Paul glich eher einem verunglückten Zwitter aus Ninja-Turtle und Batman und steigerte seinen Benzinverbrauch durch sein flatterndes Gewand enorm.
In Tat Lo suchten wir ein Guesthouse direkt am ortseigenen Wasserfall auf. Wie oft hat man schon die Chance, beim Rauschen des Wasserfalls einzuschlafen, diesen morgens beim Aufwachen durch die Dschungellandschaft zu sehen und die Aussicht auch noch von der eigenen Terrasse aus zu genießen.
Ansonsten ist Tat Lo ein verschlafenes Örtchen mit ein paar Guesthouses, die alle auf „Mofa-Touris“ wie uns spezialisiert sind. Allerdings wird zwischen den beiden Wasserfällen im Ort gerade ein Resort hochgezogen, Elefanten-Schauen inklusive. Mal sehen, ob sich dieses durchsetzt, die Location ist zumindest einmalig!
Nach dem Auspacken ging es zu Fuß kurz etwas essen, Jason und Christie abholen (die beiden sind in einem anderen Guesthouse abgestiegen) und dann los Wasserfälle anschauen und bebaden. Da unsere Bikes noch in unserem Guesthouse standen, haben wir uns zu viert auf den Roller der beiden gequetscht und den Kilometer zu unserem Domizil so zurückgelegt – zum Amüsement des ganzen Dorfes. Abends teilten wir uns noch einige Biere und lauschten gespannt den Farmgeschichten unseres Texas-Boys.
Am nächsten Morgen ging es zeitig los (das Frühstück dauerte allerdings etwas – kann ja keiner ahnen, dass einfach Brot bestellt wird, das dann erstmal eingekauft werden muss). Wir entschieden uns dazu, eine Abkürzung zu nehmen, die als Bonus noch nicht geteert war. Die ersten 20 Minuten vergingen wie im Fluge und es machte richtig Spaß. Nach und nach wurde die Straße aber immer schlechter und bald reihte sich ein faustgroßer Stein an den nächsten und die Straße war ein einziges Schlagloch. Das Tempo wurde entsprechend langsam und als wir die ersten liegengebliebenen „Busse“ passierten, entschieden wir kurz Googlemaps zu Rate zu ziehen. Eine Straße gab es laut Karte nicht, was nichts heißt (das Kartenmaterial ist nicht wirklich doll. Wir waren auch schon auf Trampelpfad-großen „Landstraßen“ unterwegs, die einfach im Nichts endeten). Aber auch die zurückgelegte Strecke war erst ein Bruchteil von der Distanz, die bewältigt werden musste. Also umgedreht und wieder auf die „Hauptstraße“.
Hier wurden schnell Kilometer gemacht und es zeigte sich, dass es gar nicht so schlecht war, umgedreht zu sein. Paul fiel, trotz mittlerweile gutem Untergrund, ein Teil seiner Verkleidung vom Moped ab. Am Ende mussten wir, nach längerer zäher Verhandlung, noch 7$ dafür berappen. Ansonsten waren die Bikes in tadellosem Zustand.
Schnell erreichten wir eine Höhe von 1.200km und es wurde zunehmend kälter, dazu gesellte sich ein ordentlicher Regen. Unsere Kluft hielt uns zwar trocken, aber nicht warm. Als wir dann endlich einen Suppenstand gefunden hatten, um uns aufzuwärmen, waren Miris Lippen schon ganz blau. Gestärkt und gewärmt ging es dann, bei mittlerweile blauem Himmel, weiter in Richtung der eigentlichen Ziele, eine Reihe von spektakulären Wasserfällen: mit Möglichkeiten zum Baden, 120m tieffallend in ein Dschungelbecken oder mäandernd entlang von Wiesen wie bei Herr der Ringe. Bei so viel Schönheit vergaßen wir etwas die Zeit, sodass am Ende noch ordentlich der Gashahn aufgedreht wurde, wir den Einheimischen mal zeigten, was man auf deutschen Autobahnen lernt und erst im Dunkeln (und wieder ganz vorsichtig) in Paksé eintrafen.
Hier wurde das Hotel gewechselt und noch ein Tag gechillt. Wir waren kurz in Versuchung, uns für die nächste Zeit einen Hilux zu mieten, für unverschämt günstige 45$ pro Tag. Leider übersteigt das leicht unser Budget (das hätte man durch das Mitnehmen anderer Touris eventuell noch ausgleichen können) und ohne internationalen Führerschein (den wir beide nicht beantragt hatten) ist man zusätzlich noch komplett versicherungsfrei unterwegs. So sitzen wir nun wieder im Bus zu unserer nächsten Destination und können eingequetscht, inspiriert von unterschiedlichsten Gerüchen, bei offener Tür und Schlaglochweitspringen Blogartikel verfassen.
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