Savannakhet

Eher spontan und weil wir keine Lust auf eine ewig lange Busfahrt hatte, strandeten wir in Savannakhet, der zweitgrößten Stadt von Laos – und was war das für eine schöne Überraschung! Dieser Ort ist (noch) geprägt von einer extrem entspannten Stimmung, die unglaublich gut zu den alten kleineren Kolonialbauten passt, die wiederum nach und nach zu stylischen, schönen Cafés umgebaut werden. Dies alles fügt sich zusammen mit dem Mekong und einem Flussufer, hinter dem die Sonne abends untergeht, zu einer liebenswerten Stadt, die bisher noch nicht von den Touri-Bussen angesteuert wird. Wenn die Entwicklung aber so weitergeht, dauert das nicht mehr lange – zu Recht.

Diese Stimmung mussten wir am Tag unserer Ankunft erst einmal auf uns wirken lassen und so spazierten wir durch die Abendsonne zum Mekong und genossen dort ein Bier pünktlich zum Sonnenuntergang. Danach suchten wir für noch ein paar weitere Beer Lao eine coole Bar neben dem Night Market auf. Andernorts sind diese Bars und besonders die Night Markets häufig auf Touristen oder zumindest Expats ausgelegt, hier aber ist die einheimische Jugend das Zielpublikum, was schön ist und sich natürlich auch auf die Atmosphäre auswirkt.

Am nächsten Morgen wurde es dann etwas später und wir erkundeten die Stadt zu Fuß. Unser erstes Ziel war es, irgendwo Frühstück zu bekommen, was sich als gar nicht so einfach herausstellte. Dabei sollte es kein Problem sein, dass es schon fast Mittag war und kein Frühstück mehr angeboten wurde, sondern vielmehr am Sonntag ein Café o.ä. zu finden, denn fast alles hatte geschlossen. Am Ende wurden wir dann doch fündig und genossen einen relativ ordentlichen Brunch. Der Rest des Tages floss irgendwie so vorbei. Abends zeigte sich wieder die Herausforderung, etwas Essbares aufzutreiben. Am Ende landeten wir in Laos in einem französischen Restaurant, aßen italienische Speisen, wurden bedient von thailändischen Kellnern und es schallte „Dschingis Khan“ auf deutsch aus den Boxen (was wir uns NICHT gewünscht hatten).

Am nächsten Morgen liehen wir uns Fahrräder und waren gespannt darauf, was die Stadt am Montag für uns bereithielt. Nun hatten zwar die Cafés geöffnet, ansonsten war aber nicht viel mehr los als am Sonntag, langsam verstanden wir den Spitznamen „Lazy-town“. Erst waren wir verwundert, da es sich um einen Handelsknotenpunkt zu Thailand handeln soll, aber mittlerweile verstehen wir: Wenn man geographisch so gut liegt, kann man auch mit geringem Aufwand ein gutes Einkommen erreichen – also kann man das Ganze auch relaxt angehen.

Mit den Rädern fuhren wir zu einem 10km entfernten See, erst über etwas bessere Straßen, die dann zu einer Sandpiste wurden, auf der wiederum die Schlaglöcher immer größeren Raum einnahmen. Googlemaps war erneut nicht ganz präzise, der Weg wurde immer schmaler und schmaler und schließlich standen wir inmitten von trockenen Reisfeldern, einer Kuhherde und zwei aggressiven Hunden. Der Bewohner des einzigen Hauses in Sichtweite signalisierte uns, in welche Richtung wir unsere Räder schieben sollten und zehn Minuten später standen wir an der Hauptstraße, die uns dann auch erfolgreich zum See führte. Dorthin fahren die Laoten zum Mittag oder Feierabend mit ihren Motos, lassen sich dort in Hütten am Ufer nieder und sind dann auch dem Bier nicht abgeneigt. Für uns war es etwas früh für Bier, also bestellten wir in einer der Hüttchen eine Pepsi, die allerdings nur in der 1,5-Liter-Flasche verfügbar war. Nun gut, wir hatten ja keine Wahl, austrinken konnten wir sie dennoch nicht. Nach einer Partie Schach schwangen wir uns wieder auf unsere (bisher schlechtesten) Drahtesel und fuhren auf der Belag-technisch sicheren Route wieder zurück in die Stadt. Wir konnten mit unseren Rädern fast die Tour de France imitieren: Paul mimte den Armstrong in einem durchgängig niedrigen Gang und Miri machte einen auf Ullrich mit einer nur halb so hohen Trittfrequenz. Da der Weg über Hügel und Abfahrten führte, hatte jeder einmal den Vorteil des jeweiligen fixierten Gangs (Hamster im Rad vs. Aus-dem-Sattel-Müssen beim Anstieg). Weil es an diesem Tag extrem warm war, schwitzten wir beide ordentlich. Da kam die Abkühlung in einem Pool, den ein größeres Hotel auch für externe Besucher geöffnet hatte, genau richtig. Also hinein ins kühle Nass! Hier wurden wir noch Zeugen eines Weittauchkontests zwischen laotischen Bauarbeitern, die plötzlich als 10er Gruppe den Pool stürmten. Miri hätte locker gewonnen, wollte den Männern aber keine Schmach zufügen. Eine Dusche und ein leckeres Dinner im Hotel rundeten diesen schönen Tag ab.

Am nächsten Morgen mieteten wir uns ein Moto, weil wir den Umkreis von Savannakhet erkunden wollten. Es war nicht ganz einfach, ein Moped-Verleih zu finden und so waren wir froh, als wir nach einer Dreiviertelstunde endlich fündig wurden. Während der kurzen Probefahrt wurde uns schnell klar, dass das Moped das bisher schlechteste unserer Reise war. Da wir aber endlich eines gefunden hatten und ohnehin nur einen halben Tag damit unterwegs sein wollten, fuhren wir damit los. Schnell noch tanken und Luft aufpumpen und auf ging’s. Unser erstes Ziel war ein alter Tempel, der hinter dem See von gestern lag. Die Strecke kannten wir ja und so war es ein Leichtes, die heilige Stätte zu erreichen. Doch wir kamen nicht weit. Miris Schultern waren zwar bedeckt, aber dass eine Frau in einer Hose zu dem Tempel wollte, wurde (zum ersten Mal auf unserer Reise) nicht geduldet. Ein gewöhnlicher Rock hätte aber auch nicht gereicht, es musste der traditionelle laotische Rock sein, den man praktischerweise gleich am Stand nebenan kaufen konnte. Das war nun doch etwas zu viel des Guten und so fuhren wir nach ein paar von außen aufgenommenen Fotos weiter. Nächstes Ziel war der Turtle Lake. Aufgrund der Trockenheit war der Lake schon etwas geschrumpft und Schildkröten haben wir auch keine gesehen, aber glücklicherweise ist ja der Weg das Ziel. Danach mussten wir auch schon wieder den Heimweg antreten, da wir nicht zu spät ins Hotel kommen wollten; es sollte ja noch gepackt werden. Aber Pustekuchen: Paul fragte Miri noch, ob sie nicht auch den Eindruck habe, dass sich der Roller komisch anfühle, da machte es schon „Peng!“ und der Schlauch war im Eimer. Ventil rausgerissen. Da standen wir nun, wie bestellt und nicht abgeholt, mit unserem Gefährt in der sengenden Hitze. Kennt noch jemand den Song „Schön war die Zeit“? Also: „Breeeeeeenend heißer Wüstensand…“. Hilft ja nichts, wer seinen Roller liebt, der schiebt.

Als erstes kamen wir an den Hütten vorbei, in denen wir gestern unseren gemütlichen Pepsi-Mittag am See verbracht hatten. Leider konnte man uns dort nicht helfen und wir wurden ins nächste Dorf verwiesen. Noch schnell ein Wasser gekauft (dieses Mal gab es auch Wasser in großen Flaschen) und weiter ging die wilde Fah… ach nein, die langsame Schieberei. Als wir 15 Minuten später den „Ort“ (bestehend aus fünf Hütten) erreichten, gab es das nächste Problem: Der Mechaniker war nicht da. Trotzdem machte sich ein junger Laote in der benachbarten Mechaniker-Hütte daran, unser Hinterrad abzubauen. Allerdings sah er nicht so aus, als wüsste er, was er tut. Eher nach dem Motto: Einfach mal alles abschrauben, bis man das Hinterrad herauswürgen kann. Dabei fielen etliche Schrauben, Muttern und alle möglichen anderen Teile in den Sand und blieben dort auch liegen. Den Schlauch bekam er noch aus dem Reifen, den neuen aber nicht wieder hinein. Er würgte dabei so mit seinen Schraubenziehern rum, dass wir beide sowie eine anwesende Oma (zumindest ihren Gesten nach zu urteilen) schon meinten, dass der neue Schlauch jetzt wohl auch kaputt sei – und so sollte es auch kommen. Der Mechaniker Nummer 1 bekam dies jedoch nicht mehr mit, denn plötzlich fiel ihm ein, dass er seine Wasserbüffel impfen musste und weg war er. Allerdings nicht ohne einen Freund einzuweisen, den er vorher noch schnell angerufen hatte. Dieser erledigte das Einsetzen des Schlauches mit Bravour, als zur Probe aber aufgepumpt wurde, stellte sich heraus, dass der Schlauch tatsächlich kaputt war – dank Mechaniker Nummer 1. Mechaniker Nummer 2 holte den Schlauch also wieder aus dem Mantel, krampfte einen zweiten neuen Schlauch hinein und nach weiteren 20 Minuten war wieder Luft im Reifen. Der Reifen befand sich allerdings noch neben und nicht an dem Roller. Nachdem Mechaniker Nummer 2 das Chaos von Mechaniker Nummer 1 sah, wurde er kurz still und musste leider auf der Stelle weg. Wohin, wissen wir nicht. Glücklicherweise kam nun Mechaniker Nummer 3, dem die Werkstatt auch gehörte. Das erste Mal hatten wir das Gefühl, jemand weiß, was er tut und keine 30 Minuten später konnten wir mit einem geheilten Moto Richtung Stadt aufbrechen. Das Früh-im-Hotel-wieder-Ankommen konnten wir zwar nicht einhalten, das Packen für den Bus am nächsten Tag nach Thakhek haben wir aber trotzdem noch gut hinbekommen.