Da Lat
Die Nachtbusfahrt nach Da Lat hatte gut begonnen. Der Bus war verhältnismäßig leer, als wir Hoi An verließen, sodass wir uns die Plätze frei aussuchen konnten. Wie auf der ersten Busfahrt wurden wir um 22h aus dem Schlaf gerissen, um eine 40-minütige Pause einzulegen, in der der Busfahrer sich stärken konnte. Mit diesem Ritual haben wir uns mittlerweile abgefunden. Wir wollten uns dieses Mal in der „Pause“ auch etwas zu essen kaufen, weil wir aufgrund des sehr eng getakteten Zeitplans am Tag zuvor keine Gelegenheit mehr hatten, noch etwas zu essen. Bedauerlicherweise gab es ausgerechnet auf diesem Rastplatz tiefgekühlte Shrimps und Kekse in überdimensionierten Packungen, die definitiv zu groß waren für den doch recht knapp bemessenen Platz im Bus. Also sind wir ein bisschen hungrig in den Bus gestiegen, dafür aber mit geputzten Zähnen. Miri konnte recht schnell einschlafen, aber Paul lag leider fast die gesamte Fahrt über wach. So wurde er allerdings Zeuge von einem prächtigen Gewitterspiel am Nachthimmel über der Küstenstraße inklusive überschwemmter Straßen.
Um 4:30h erreichten wir Na Thrang, ein Badeort, der von Russen überschwemmt ist, wie man uns erzählte. Dort mussten wir in einen kleineren Bus umsteigen, der allerdings erst um 6:30h weiterfuhr. Als wir unser Gepäck aus dem Stauraum holten, stellten wir fest, dass sie Pauls Rucksack, der zwar einen Regenschutz hat, leider auf die falsche Seite gelegt haben und das Wasser der überschwemmten Straßen in den Gepäckraum geflossen ist. Mit dem Ergebnis, dass Pauls gesamter Rucksack nass war, inklusive der darin enthaltenen Klamotten. Der Schlafmangel hat nicht unbedingt zu seiner guten Laune beigetragen. Nach zwei Stunden wurden wir erfreulicherweise in einen kleinen Bus mit nur acht sehr geräumigen Sitzen gesetzt. Dieser führte uns über wilde Serpentinen und durch Wolkendecken auf das Hochplateau, auf dem auch Da Lat liegt. Die wilde Dschungellandschaft, Berge und Täler waren eine willkommene Abwechslung nach den vielen Strandtagen. Nachdem Pauls Rucksackinhalt ausgepackt und ein Großteil zum Waschen gebracht wurde, spazierten wir durch die idyllisch im Tal gelegene Stadt. Wir waren nun auf 1.500m Höhe, was einen merklichen Temperaturunterschied bedeutete, sodass wir tatsächlich in langärmeliger Kleidung herumliefen und nach den Regenschauern auch ein bisschen froren. Blöd für Paul, dessen warme Kleidung ihren ersten Urlaubseinsatz gehabt hätte, wäre sie nicht zum Waschen im Hotel geblieben. Der Temperaturabfall hielt uns aber nicht davon ab, das „Crazy House“ (ein architektonisches Zusammenspiel zwischen Gaudí und Hundertwasser) zu besichtigen und zu versuchen, die Bezeichnung Da Lats als „kleines Paris Vietnams“ nachzuvollziehen. Letzteres ist uns nicht ganz gelungen.
Am nächsten Tag fuhren wir mit „Mr. Rot“ auf eine im Internet hochgelobte „Secret Tour“ in die Berge. Nachdem wir 1,5h durch die Stadt gefahren sind, um auch die letzten Touris einzuladen, die erst 3 Stunden in der Stadt waren und noch spontan die Tour gebucht hatten, gab es das volle Programm: Grillenzucht inklusive gegrillter Grillen als Snack, Marktbesuch mit Erklärungen zu dem dargebotenen Essen und allgemeinen Angebot, Seidenproduktionsstätte (die Seidenraupen gehen danach als Nahrungsmittel nach Kambodscha und Laos), riesiger Wasserfall, Kaffeeplantage und ein Besuch in einem Nachbardorf, aus dem Mr. Rot kam. Diese Begegnung war allerdings von der besonderen Art, denn Mr. Rot wollte uns unbedingt die vietnamesische Minderheit, die in Bergen wohnt und derer er zugehörig ist, zeigen und bestand darauf, uns in eines der Häuser zu führen. Vor dem ersten wurden wir abgelehnt, die zweite Familie hat uns nach einigem lautstarken Diskutieren schließlich aufgenommen. Allerdings fühlten wir uns die gesamte Zeit sehr unwohl, weil wir zu zehnt die gesamte Hütte ausgefüllt haben und wir uns fragten, was wir da eigentlich machen. Die Familie zeigte uns, nach längerer Diskussion mit Mr. Rot, angeblich sehr altes Porzellan, verköstigte uns mit selbstgebranntem Wein (oder so etwas ähnlichem) und gegrillten Ratten, führte ihr Spinnrad und den Webstuhl vor und schrie uns und sich gegenseitig die gesamte Zeit an – die Lautstärke war dort für die Kommunikation normal. Wir waren ziemlich froh, als dieser Part der Tour vorbei war und wir sind uns immer noch nicht sicher, wie viel Theater darin steckte, 50% oder 90%. Zurück in Da Lat trafen wir andere Reisende, die auch die „Secret Tour“ gebucht hatten und von einer sehr ähnlichen Dramaturgie erzählten. Nun ja, wenn das alles ein Fake war, war es immerhin extrem gut gespielt, von allen Beteiligten. Unsere Gruppe war dafür sehr nett und so trafen wir uns abends noch in einer Bar auf ein Bier und tauschten uns über US-amerikanische und europäische Politik aus. Die Bar ist ähnlich aufgebaut wie das „Crazy House“ und kann niemals irgendwelchen Brandschutzbestimmungen, falls es diese hier gibt, entsprechen. Das war sehr nett und ein würdiger Abschied von Da Lat.
Am kommenden Tag ging es morgens früh um 7h mit dem local bus nach Saigon. Als wir an der Busstation ankamen, war dem Bus ein Hinterrad abgebaut worden und das, was wir für die Bremsscheibe hielten, wurde auf dem Boden „abgeschliffen“. Die Aussage: „Just ten minutes“ wurde zu unserem Erstaunen eingehalten und die Bremsen hielten auch in den steileren Abfahrten. Rolf wartete in Saigon schon auf uns. Er kam schneller vorwärts als geplant, weil die auf Googlemaps angezeigten Unterkünfte nicht wirklich existierten und so musste er seine Tagesstrecken verlängern, um dann auch an Orten anzukommen, in denen er auch übernachten konnte.
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