Banlung

Die neue Straße nach Banlung ist erst diesen Frühling fertiggestellt worden, vorher war eine direkte Fahrt zwischen Sen Monorom und Banlung mit dem Auto gar nicht möglich. Mit dem Crossmotorrad dauerte sie zwischen 2 und 4 Tage, je nach Talent und Wetterbedingungen. Die alte Straße existiert aber noch – wer also mal ein bisschen Abenteuer sucht, wird auch glücklich. Wir sind dann doch mit dem Bus gefahren und konnten nach 3 Stunden in unserem neuen Guesthouse einchecken. Von unserer telefonischen Reservierung vom Vortag wusste man nichts, eine schöne Hütte haben wir trotzdem bekommen. Es ist eine sehr entspannte Atmosphäre hier im Guesthouse. Bezahlen? Später. Was zu trinken? Bitte aus dem Kühlschrank nehmen und Bescheid geben. Ihr wisst nicht, wie lange ihr bleibt? Kein Problem, wir blocken die Hütte. Ihr wollt einen Roller leihen? Wir hängen den Schlüssel an die Rezeption, nehmt ihn euch einfach. Ausweis? Nee, brauchen wir nicht.

Am Ankunftstag haben wir nur ein bisschen entspannt und überlegt, wie es weitergehen soll. Unser Visum hatte nur noch 3 Tage Gültigkeit und die Frage war, ob wir einen Tag Puffer einplanen. Wir sind dann zu dem Schluss gekommen, dass man Puffer am besten mit Apfelmuss isst und haben uns dazu entschieden, das Visum auszureizen.

Am nächsten Tag ging es auf eine Dschungel-Tour. Miri hatte dem Tourorganisator (Mr. Smey) gesagt, dass sie sich mal wieder auspowern möchte und dies wurde wohl weitergegeben. Nachdem wir 30 Minuten per Moto über rote Sandpisten pflügten, hielten wir in einem Dorf und unser Guide wurde uns vorgestellt. Der Vorteil der Trockenzeit: Die lehmigen Straßen sind durch den Regen nicht seifig und spiegelglatt. Der Nachteil: Sie sind knochentrocken und staubig. Das Englisch des Guides war spärlich (das wussten wir aber schon vorher, er sollte uns ja nur gut durch den Dschungel bringen), aber sein Trekking-Tempo hoch. Dicht am Laufschritt ging es los Richtung Dschungel. Erst über Maniok- und Sesam-Plantagen, durch Gestrüpp und Flussläufe und dann wechselten sich Dschungelabschnitte mit gerodeten Landschaften ab. Bis dann endlich nur noch Wald um uns war. Die Wege waren verschlungen und Büsche und Sträucher kratzten an Armen und Beinen. Zwischendurch hörte man immer wieder Motorsägen heulen. Einige Khmer dringen auf ihren Motos tief in den Wald ein, fällen und zerlegen dort einzelne Bäume und schaffen diese auf den Motos wieder heraus. Laut unserem Tourorganisator ist dies kein großes Problem, da meist nur für den Eigenbedarf gefällt wird. Ein ganz anderer Schnack ist es, wenn große Unternehmen dahinterstehen, dann wird der Wald komplett hektarweise vernichtet.

Auf dem ersten Abschnitt unserer „Lauferung“ waren die einzigen Tiere, die wir zu Gesicht bekamen, ein paar wilde Hunde, die plötzlich aus dem Unterholz sprangen und uns ankläfften, aber von unserem Guide mit dem Stock im Zaum gehalten wurden. Nach guten zwei Stunden erreichten wir einen sehr kleinen Wasserfall, in dessen Becken wir ein erfrischendes Bad nehmen konnten. Danach gab es kalten Bratreis und schon ging der wilde Lauf wieder los. Zurück nahmen wir eine andere, etwas längere Route, die sich lohnte. Nach ca. einer Stunde wurde unser Guide etwas langsamer und sehr aufmerksam. Wir erwarteten schon die nächste Hundeattacke (ca. 5 Minuten vorher gab es entferntes Gebelle), aber zu unserem Erstaunen zeigte er plötzlich hoch in die Baumwipfel. Entweder hatten wir eine Affenfamilie aufgeschreckt oder sie suchten nach dem Kokosnussdieb. Wie auch immer – wir sahen eine ganze Horde von Gibbons (glauben wir, am Ende haben wir vergessen zu fragen, was für Affen da so ein Theater gemacht haben), die in den Baumwipfeln kletterte, sich von Ast zu Ast, Baum zu Baum schwang und sprang und ab und an mal rumbrüllte. (Wer als erstes den Affen auf dem viel zu leichten Suchbild findet und im Kommentar beschreibt, wo genau, bekommt eine Postkarte – weder Miri noch Paul noch der Guide zählen als Affen.) Nach 10 Minuten war dann der letzte Affe aus unserem Sichtfeld entschwunden und wir wollten uns gerade wieder auf den Weg machen, als ein Reh entlang unseres Pfades hüpfte. Leider ging das Ganze so schnell, dass wir nicht in der Lage waren, ein Foto zu schießen. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Schweinehirsch (Hog Deer). Nach diesen Erlebnissen liefen sich auch die restlichen 2 Stunden einfach und die am Ende der Wanderung wieder näher der Zivilisation auftauchenden, domestizierten Baby-Schweine/Hunde/Enten/Ziegen/Büffel konnten kaum unser Interesse wecken. Erschöpft, aber glücklich erreichten wir gegen 17:00 Uhr wieder unser Guesthouse und Mr. Smey (der hier ständig rumhing) lächelte nur und sagte: „You will have a good sleep tonight“. Er sollte Recht behalten.

Am nächsten Tag machten wir uns mit dem Roller auf, die Umgebung auf eigene Faust zu erkunden. Oder vielmehr die Sehenswürdigkeiten von Banlung mit dem eigenen Gefährt anzufahren. Da Mr. Smey uns irgendwie ins Herz geschlossen hatte (nach unserer Dschungeltour setzten wir uns noch für 2 Stunden zusammen in das Guesthouse-Restaurant und redeten über die positiven und negativen Veränderungen in Banlung im Speziellen und in Kambodscha im Allgemeinen), durften wir seinen relativ neuen privaten Schaltroller (der hatte erst knapp 3.500km runter und der Tacho funktionierte) haben und konnten so seine auseinanderfallenden Automatik-Mietroller links liegen lassen (wir haben andere Touris getroffen, denen auf den von Schlaglöchern übersäten Nebenstraßen die Verkleidungen von den Rollern fielen). Als erstes ging es zu einem Kratersee, dessen Entstehung noch nicht ganz geklärt ist. Die wohl wahrscheinlichste Variante ist ein Meteoriteneinschlag vor langer Zeit. Das Wasser ist kristallklar und der See umgeben vom Dschungel. Wir genehmigten uns ein ausgiebiges Bad, bevor wir den ersten Wasserfall ansteuerten. Dieser fällt gute 30 Meter über einen Vorsprung und man kann einmal hinter dem Wasserfall durchlaufen. Miri entschloss sich, ihre bisher größte Dusche zu nehmen und kletterte in das herabfallende Wasser. Schön war, dass wir hier ganz alleine waren, denn in Banlung tummelten sich an die 30 Touristen, sodass man an den Hotspots meist nicht alleine war. Als nächstes folgte (welch Überraschung) wieder ein Wasserfall, nicht ganz so spektakulär, aber mit großem Becken, in das Miri natürlich prompt hineinhüpfte. Da der Rückweg doch etwas länger war und aufgrund der Straßenverhältnisse auch nicht besonders schnell vonstattengehen konnte, wurde der letzte größere Wasserfall nicht besucht, sondern der Heimweg angetreten. Entlang eines herrlichen Sonnenuntergangs ging es auf der staubigen Piste durch Dörfer zurück in die Stadt.

Nachdem wir gepackt und gegessen hatten, tranken wir noch einen Abschiedslongdrink auf der Terrasse des Guesthouses. Gegen 22:00 Uhr tauchte nochmal Mr. Smey auf und schlug vor, mit ihm eine Reiswein-Tour durch die Bars der Stadt zu machen. Da es am nächsten Tag aber um 7:00 Uhr nach Laos gehen sollte, dies eine lange Reise werden würde und das Verschieben des Aufbruchs nicht drin war (wer braucht schon Puffer), lehnten wir schweren Herzens ab. Mr. Smey setzte sich dann noch für eine Stunde zu uns und der Abend wurde auch so sehr schön. Am nächsten Morgen ging es dann früh los und wer stand am Bus? Mr. Smey – mit 2 Flaschen selbstgebranntem Reisschnaps. Nachdem er uns das Versprechen abgenommen hatte, zusammen wiederzukommen („only Miriam, not good, only Paul, not good, only together is good“) und eine längere Crossmotorradtour mit ihm zu machen, bei der er uns das wahre Kambodscha zeigt, konnten wir mit dem Reisschnaps im Gepäck Richtung Laos aufbrechen.