Bagan

Beim Einstieg in den Nachtbus des Premiumanbieters mussten wir immerhin nicht sofort drei Kleidungsschichten anziehen, die Temperaturen waren tatsächlich erträglich. Auch die sonstige Ausstattung war besser, als wir es gewohnt waren. Breite, bequeme Sitze (wahrscheinlich ausrangierte Business-Class-Flugzeug-Sessel), gute Decken, kein burmesischer Film in lauter Dauerbeschallung für alle Passagiere, sondern ein Entertainmentsystem im Sitz des Vordermanns. Die Nacht startete also unter guten Voraussetzungen und Paul konnte so eine seiner besten Fahrten hier in Asien erleben. Miri hatte allerdings den kälteren Platz am Fenster erwischt, wo die Klimaanlage angebaut war, die im Laufe der Nacht ordentlich pustete. So war ihr Fahrterlebnis zwar sehr bequem, aber dennoch kalt. Wenn wir die Chance haben, werden wir das nächste Mal aber wieder einen Premiumanbieter wählen. Die paar Euro mehr lohnen sich in jedem Fall.

Morgens um 4:00h in Bagan angekommen freuten wir uns (insbesondere Miri sich) über die recht warmen Temperaturen. Wir wurden vorgewarnt, dass es nachts sehr kalt dort ist, aber die 15°C waren kein Vergleich zu den 7°C am Inle Lake. Mit einem schwedischen Pärchen teilten wir uns ein Taxi zum Hotel, wo wir netterweise ein Zimmer für den Morgen beziehen durften, um noch eine Rutsche Schlaf zu bekommen. Um 11:00h zogen wir dann in unser Zimmer um und der Bagan-Besuch konnte beginnen. Der erste Tag war geprägt von einem gemütlichen Frühstück, einer kleinen Erkundung der noch kleineren Stadt und ein paar Drinks in der einzigen Location, die man hier „Bar“ nennen kann. Wie in Yangon und am Inle Lake hat auch diese um 23:00h geschlossen – das Nachtleben in Burma existiert quasi nicht. Aber da wir am nächsten Tag ohnehin die Tempel anschauen wollten, war das in unserem Sinn.

Auf Elektrorollern (das einzige motorisierte, individuell erlaubte Fortbewegungsmittel für Touristen) ging es also am Morgen in Richtung Tempellandschaft von Bagan. Wir freuten uns über die E-Roller, da sie nicht nur ökologisch angebracht, sondern auch so schön leise waren, wunderten uns dennoch über dieses vorbildliche Verhalten der (Militär-)Regierung. Abends fiel uns dann auf, dass der wahre Grund wohl die sehr beschränkte Reichweite ist. Spätestens nach 40km muss man sein Vehikel wieder laden und benötigt dazu die passende Infrastruktur. Längere (oder sogar mehrere Tage andauernde) Ausflüge, wie z.B. in Laos, sind so nicht möglich und die Regierung behält die Kontrolle über den Bewegungsradius der Touris. Dazu passt auch, dass bei jeder Reise (egal ob per Bus oder Boot) der Ausweis vorgezeigt werden muss und Name, Passportnumber etc. schriftlich festgehalten werden.

Wir hatten zunächst absolut keinen Plan von Bagans Tempelanlage und fuhren einfach los. Das hatte den Vorteil, dass wir uns überraschen ließen von dem, was kam, aber abends merkten wir auch, dass wir ziemlich wichtige und imposante Tempel komplett ausgelassen hatten. Diese setzten wir schnell auf unsere – nun geplante – Route für den nächsten Tag, an dem wir das Weltkulturerbe somit etwas strukturierter besuchten. Die Erkundung von Bagan war uns auf diesen beiden verschiedenen Wegen möglich, weil die über 2.000 Tempel, die durch Feuer und Erdbeben zuletzt im August 2016 von 4.000 auf die Hälfte geschrumpft sind, auf einem riesigen Gelände verteilt sind. Landschaftlich erinnert das Ganze an eine afrikanische Savanne und es ist ähnlich staubig und trocken. Dadurch herrscht dort eine ganz spezielle und unwahrscheinlich schöne Stimmung. Es war fantastisch, einfach (geräuschlos) durch die Gegend zu fahren und immer wieder irgendwo auf Tempel zu stoßen, wo man es so gar nicht vermutet hätte. Weil es davon auch so viele gibt, kommt es häufiger vor, dass man ganz alleine zwischen den alten Steinen herumläuft. Sonnenauf- und -untergang auf einem der Tempel mit Blick auf die Steppe und Tempellandschaft sind hier Pflicht und weil wir zu Beginn das Terrain noch nicht kannten, landeten wir an einem vom Lonely Planet ausgewiesenen „Alternativtipp“, der mittlerweile ein echter Hotspot geworden ist. Die Sicht ist dafür natürlich großartig und so bestaunten wir inmitten ziemlich vieler Touris, die uns aber immer noch Mengen-mäßig an das Angkor von vor zehn Jahren erinnerten und damit für eine solche historisch bedeutsame Anlage sehr erträglich waren, das wunderschöne Ab- und Aufsteigen der Sonne. Für den zweiten Sonnenuntergang fanden wir dann sogar noch einen abgelegenen Tempel, auf dem wir das Licht- und Stimmungsspektakel mit nur neun weiteren Besuchern beobachten konnten. Bei Vollmond ging es dann mit den E-Rollern zurück ins Hotel. Von der Atmosphäre in Bagan werden wir noch lange zehren, sie war einfach einmalig.