Dawei

Die Tickets für den Zug waren nur unmittelbar vor der Fahrt zu kaufen und als wir das holzgetäfelte, abgewetzte Ticketoffice am Morgen betraten, fühlten wir uns 100 Jahre in der Zeit zurückversetzt. Alles wurde per Hand sorgfältig auf die Tickets und in die Bücher eingetragen, das Papier sah schon sehr alt und rissig aus und die „Uniformen“ der Bahnmitarbeiter hatten auch einen eher prähistorischen Charakter. Dieser Eindruck währte fort, als wir den Zug bestiegen. Die Briten haben ihn vermutlich angeschafft und hier gelassen, er war ziemlich runtergerockt, der Großteil bestand aus der wortwörtlichen Holzklasse, die Fenster waren offen, es waren also keine Scheiben vorhanden, und Türen zum Schließen der Waggons gab es nicht. Wir hatten uns (für 3€) Sitze in der „upper class“ „gegönnt“, sodass wir auf bezogenen Stühlen Platz nehmen konnten. Unser Abteil war schon gut gefüllt, inklusive einer Großfamilie, die ihren offensichtlich kranken Großvater (?) vom Krankenhausbesuch zurück begleitete (zumindest hatten sie Röntgenbilder dabei), als neben unserem Gleis der Zug aus dem Norden hielt und ein ganzer Schwung Passagiere in unseren Zug umstieg. Damit war auch unser Abteil voll. Mit einer nur 15-minütigen Verspätung ging es los und wir zuckelten und ruckelten in Richtung Dawei, weiter in den Süden – man kann sich heute gar nicht mehr vorstellen, welchen Krach Bahnfahren früher gemacht hat und was für ein Gepolter und Gehüpfe, auch bei niedrigen Geschwindigkeiten, geherrscht hat. Tatsächlich brauchten wir für die Strecke von 160km 8,5 Stunden – inklusive einer Stunde Mittagspause, so viel Zeit muss sein. Die Fahrt führte durch sehr schöne Landschaften mit Plantagen, Dschungel, trockener Steppe und kleinen Örtchen. Weil es keine Türen gab, konnte man sich in die Türöffnung stellen und die Szenerie mal auf ganz andere Weise an sich vorbeiziehen lassen. Das war einfach toll. Um 19h kamen wir schließlich in Dawei an, bezogen nur kurz unser Zimmer, organisierten noch schnell das Taxi für den Grenzübergang am nächsten Tag, bevor wir ausgiebig duschten, denn die lange Fahrt war durch die beständige, aber sehr natürliche Luftzufuhr gleichzeitig recht staubig gewesen.