Autor: miripaul

Guilin

Schnell konnten wir erst einmal feststellen, dass Google, Facebook, Youtube, Netflix etc. in China nicht funktionieren. Keine der Seiten war aufrufbar. Nach einer kurzen Recherche (mit Bing) und fünf Klicks später hat Paul aber flux einen VPN-Service einrichten können, sodass wir wieder Anschluss an die digitale Welt hatten. Der ist insofern nicht ganz unwichtig, als dass die Reiseplanung heute sehr stark vom Online-Buchen geprägt ist. Die alten Zeiten (in einen Ort fahren, verschiedene Hostels anschauen, verhandeln, entscheiden) sind vorbei. Ohne Onlinereservierung vorab, ist es manchmal schwer, ein passables Zimmer zu bekommen.

Der Ort Guilin liegt sehr idyllisch in einer Landschaft voller Karstberge – das wissen auch die Chinesen und in ihrer Feiertags-Woche genießen sie wie wir diese schöne Gegend. Also befanden wir uns als Touristen inmitten von unzähligen chinesischen Touristen. Das ist auch eine interessante Erfahrung, wir sind auch überhaupt nicht aufgefallen. Am ersten Tag haben wir uns durch die Stadt treiben lassen und sind am Fluss entlangspaziert. Auf dem Night Market konnten wir in einem typisch chinesischen „Restaurant“ sehr stilecht essen, auch wenn wir kein Wort verstanden haben. Allerdings wird seit China auch die vegetarische Ernährung immer schwieriger. Was soll’s…

Am zweiten Tag haben wir uns (zunächst mit großer Skepsis) das komplette Touri-Programm gegeben. Motos sind hier generell nicht ausleihbar und mit dem Rad hätten wir 100km pro Richtung fahren müssen. Buchbar war allerdings nur eine Tour zu den Reisterrassen (zu denen man unbedingt fahren sollte, denn dafür sind wir und die ganzen Menschenmassen schließlich hier), die vorher einen Besuch in einem Minderheiten-Ort beinhaltete. Diese Menschenzoos gehen uns ziemlich ab (besonders Miri), aber es stellte sich heraus, dass in diesem Fall der Ort mit deutschen Museumsdörfern vergleichbar ist und insofern war die Darbietung halbwegs erträglich. Was den Menschenzoo angeht, war es dann eher anders herum. Miri wurde mit auf Selfies gebeten oder als Exot in die Mitte von zwei Kindern gestellt und fotografiert. So ist zumindest Miri jetzt auf mindesten 1502 Selfies zu sehen. Die Reisterrassen waren wunderschön und weil die Felder kurz vor der Ernte stehen, leuchteten sie fantastisch gelb in der Sonne. Es hat sich also alles gelohnt. Auf dem Rückweg staute es sich teilweise „etwas“, aber in Anbetracht der Tatsache, dass vor 2 Tagen eine Gruppe jeweils 8 Stunden für die 100km gebraucht hat (und sich nur 30 Minuten die Terrassen anschauen konnten), war dies aber ertragbar.

Noch etwas zu den „westlichen“ Touristen hier: Es gibt kaum Backpacker; die Reisenden, die man trifft, arbeiten zu 80% in China (davon tatsächlich viele Deutsche) und die verbleibenden 20% besuchen Freunde oder ihre Partner. Erstaunt hat uns auch ein Leihradsystem, das dem StadtRad-System in Hamburg sehr ähnelt. Außerdem sind fast alle Roller, und das sind einige, mit Elektromotor ausgestattet. Und: es gibt überall deutsches Bier.

Fahrt nach Guilin

Aufgrund des guten Verkehrssystems sind wir am nächsten Morgen mit dem Bus und der Metro Richtung chinesischer Grenze aufgebrochen. Als die ersten drei Linienbusse so voll waren, dass keiner mehr einsteigen konnte, schwante uns erst Böses; aber mit 30 Minuten Verspätung konnte unsere Grenzstürmung dann doch beginnen. Die sich anschließenden Metros waren überraschend leer und auch unsere großen Reiserucksäcke kein Problem. Schon in der Nähe der Grenze konnten wir feststellen: China ist nicht Hong Kong. Auf einmal steht nur noch sehr wenig in anderen Schriftzeichen als den chinesischen auf den Schildern, überhaupt spricht nur noch ein Bruchteil der Menschen englisch und alles sieht ein bisschen abgenutzter aus als in Hong Kong. Da wir unsere im Internet gebuchten Bahntickets nicht in Hong Kong abholen konnten, ein Land zwei Systeme – nicht nur in der Politik, mussten wir dies direkt vor der Abfahrt in Shenzen tun. In der ersten Oktober-Woche ist „Golden Week“ (National holidays, alle Chinesen haben frei und reisen selbst, bedeutet: China im Ausnahmezustand), daher wurde uns von allen Seiten gesagt, dass ein nicht vorstellbares Chaos und Ticketschlangen epischen Ausmaßes auf uns warten werden. Entsprechend sollten wir mindestens 3 Stunden vor Abfahrt am Bahnhof sein. Am Ende hatten wir, auch dank guter Vorbereitung, unsere Tickets nach ca. 20 Minuten in den Händen und so 2,5 Stunden Zeit, den Bahnhof zu erkunden. Um in den Bahnhof Shenzen North zu kommen, wird das Gepäck fünf Mal gescannt. Beinahe hätten wir Pauls Reisemesser abgeben müssen, aber nachdem wir mit Händen und Füßen klargemacht haben, dass wir es unbedingt für das Schneiden von Obst benötigen und dann nach dem „Supervisor“ gefragt haben, drehte sich die Security-Frau schlagartig um und ignorierte uns. So konnten wir mit vollständigem Gepäck in Richtung Gate gehen – der (Schnellzug-)Bahnhof funktioniert tatsächlich wie ein Flughafen. Die Fahrt Richtung Guilin verlief dann problemlos, in beim Interieur erstaunlich an den ICE erinnernden Schnellzug. Nach 10 Stunden Trip waren wir dann froh, in unserem Guesthouse anzukommen.

Hong Kong – Island

Nach 3 Tagen Kowloon, innerhalb derer wir auch auf ca. 1.500 fremden Selfies gelandet sein müssten (Chinesen fotografieren sich einfach immer überall selbst, man rennt ständig jemandem ins Bild), haben wir die Seite gewechselt und sind auf die Hong Kong Island umgezogen. Paul hatte noch in Hamburg ein etwas, sagen wir, gehobeneres Hotel recht günstig online gebucht. Das T-Hotel verfügte entsprechend über alles, was das Herz begehrt: Gutes Essen (das nicht teurer war als in Kowloon), ein Gym, eine grandiose Aussicht auf das Meer (vom Bett und von der Badewanne aus) und ein Frühstücksbuffet mit Edamer. Allerdings waren wir auch die einzigen Gäste mit Rucksäcken anstatt Rollkoffern. Das „T“ im Namen steht für „Training“ und so waren wir Zeuge von sämtlichen Hotelmanagern der Zukunft, die zwar noch mit der englischen Sprache zu kämpfen hatten, aber im höflichen Umgang schon fast Profis waren. Um auch die Umgebung zu erkunden, wanderten wir am Nachmittag den Hong Kong Trail entlang, auf dem uns zahlreiche verrückte und drahtige HK-Chinesen beim Joggen in Gruppen entgegenkamen (mindestens die Hälfte war 60+). Der Trail endete in Aberdeen, wo es angenehm entspannt und ruhig war, was nach der aufgedrehten Stimmung in Kowloon eine willkommene Abwechslung war. Im local bus ging es zurück zum Hotel, wo mit Whiskey und Bayern-Köln im Badewannen-TV ein anständiges Bad genommen wurde.

Am nächsten Tag stand die Entdeckung von Hong Kong Island an und sie war beeindruckend. Nun standen wir direkt vor den Skyscrapern, die wir bisher nur von der anderen Flussseite kannten – sehr imponierende Gebäude. Hier tummelten sich nun nicht mehr hauptsächlich Chinesen auf den Straßen, es gesellten sich sogenannte „Westler“ in hoher Anzahl dazu, die meisten in Anzug und in der Rolle unglaublich wichtiger Business-Kasper. Entsprechend sieht man sehr viele hochklassige Autos; wir haben noch nie so viele Maybäche – wie auch immer die Mehrzahl ist – und Teslas auf einem Haufen gesehen. Zudem steigt die Vielfalt der Kneipen (endlich gibt es sie!) und Restaurants (inklusive des Preises) extrem an. Aber die Stimmung ist schon super dort und der Stadtteil Soho heißt mit Blick auf London und New York berechtigterweise so. Ein kleiner Abstecher in den Stadtteil Wan Chai beendete unseren Trip und es ging wieder mit dem local bus zurück ins Hotel. Das öffentliche Verkehrssystem funktioniert hier tatsächlich richtig gut.

Hong Kong – Kowloon

Auf dem Weg mit dem Bus vom Flughafen zu unserer ersten Unterkunft in Hong Kong, direkt neben der MTR-Station Tsim Sha Tsui (TST) gelegen, vergehen die ersten 30 Minuten wie im Flug und recht unspektakulär. Ein bisschen wie Finkenwerder: nix zu sehen, außer ein paar Containern. Dann wird der Verkehr dichter und auf der Nathan Road stockt es – endlich wieder Großstadtfeeling (nach 12 Stunden Flug). Nachdem sich dann aber 10 Minuten nix mehr bewegt (so wirklich nix), hatten wir uns an den umliegenden Hochhäusern satt gesehen und mal nachgeschaut (WLAN im Nahverkehrsbus – hallo DB -), wie lange der Fußweg zum Hostel noch ist. Google sagt 15 Minuten und Miri nimmt das Ganze mal in die Hand. Der Busfahrer lässt uns zwischen zwei Stationen raus und 50% der Passagiere hüpfen auch aus dem Bus und setzen mit uns den Weg zu Fuß fort. Und warum geht nichts mehr? Bus gegen Taxi, nur leichter Blechschaden, warten bis die Polizei kommt -> Komplettsperrung Richtung Süden.

Unser Hostel (Urban Pack) wird ohne Probleme eingenommen, außer dass wir (trotz Reservierung seit Ende Juni) nach dem zweiten Tag das Zimmer wechseln müssen („Sorry, overbooked“). Das erste Zimmer ist mit gut 7qm (inkl. Bad) ausreichend, wir wollen ja HK erkunden und nur für eine kurze Nachtruhe auf das Zimmer. Dass beim zweiten Zimmer Dusche und Toilette geteilt werden ist ja kein Problem, dass es kein Fenster gibt, stört, vor allen Dingen Paul, dann schon eher.

Nachdem wir in den letzten Urlauben in Asien meistens uns bekannte Orte aufgesucht haben, war Hong Kong mal wieder etwas ganz Neues und auch wenn ein Sprichwort sagt: „Vorbereitung ist alles“, ist diese angenehme Planlosigkeit etwas ganz besonderes: Dieses „das hätte man ja auch mal nachlesen können“ und das sich einfach wieder mal in einer unbekannten Stadt treiben zu lassen, egal wohin, wenn man es zulässt.

Definitiv gewöhnen mussten wir uns an die Hochhäuser mit unterschiedlichsten Einrichtungen unter einem Dach: 1. Stock Büros, 2. Stock Wohnungen, 3. /7. / 12. Stock je 3 Zimmer eines Hostels, zwischendurch Massagesalon oder Restaurants. Aber davon darf man sich nicht abschrecken lassen. Am ersten Abend sind wir also gleich in ein Hochhaus, an dem auf einem kleinen Schild ein vegetarisches Restaurant beworben wurde. Im Fahrstuhl haben wir das entsprechende Stockwerk ausgewählt und wollten uns eigentlich erst einmal ein Bild von der Location machen. Denkste: Der Fahrstuhl öffnet sich und man steht direkt im Gastraum. Bis der Fahrstuhl wieder vorbeikommt, dauert es… Das Essen war dann aber gut. Dass es allerdings kein Bier (generell kein Alkohol) gab, hatten wir übersehen. Dafür entschädigte die Grüne-Tee-Flat.

Am ersten Tag sind wir erst einmal losgeschlendert und haben so relaxt und angekommen ausgesehen, dass wir von anderen Touris nach dem Weg gefragt worden sind.  Wir haben uns dann langsam Richtung Promenade orientiert, um uns die Skyline von Hong Kong Island anzuschauen. Trotz des Smogs konnte man erahnen was sich hier, insbesondere abends, für spektakuläre Bilder bieten. Auf dem Rückweg mussten wir dann doch kurz im Chungking Mansion reinschauen. Nachdem wir erfolgreich etliche Mitschnacker abgewehrt hatten, haben wir uns dann entschlossen bei einem etwas schäbigen 4-Plätze-Inder unser Mittag einzunehmen.  Die Wahl stellte sich als richtig heraus. Das Essen mundete und neben uns wurde ein ganzer Fisch mit Reis serviert und statt Besteck ein Plastikhandschuh gereicht, ein sehr authentischer Inder also. Wir selbst haben allerdings doch Stäbchen bekommen. Am Nachmittag ging es dann zu Fuß über verschlungende Wege durch den Großstadtdschungel von der Prinz Edward Station Richtung Süden zu unserem Hostel. Vorbei an der Zierfischmeile, durch einen Park, in dem der geneigte Hong Konger seinem Stubenvogel etwas Frischluft zumutet (sofern man in Hong Kong von frischer Luft reden kann), über einen, in keiner asiatischen Großstadt fehlenden, Krims-Krams-Klamotten-Markt, wo von gefälschten Taschen über Minion-USB-Sticks hin zu Lego alles verkauft wird. Dort haben wir dann auch zugeschlagen: Zahnbürstenhalter (siehe Foto), iPod-Mini Aufladekabel (defekt), Batterien für die Aktivbox (nutzlos da iPod leer). Als wir endlich einen Foodstall-Imbiss gefunden hatten, haben wir uns auf ein Bier (und jede Menge Knoblauchshrimps für Paul) niedergelassen. Zack, war die Sonne untergegangen. Also noch schnell den Nightmarket mitgenommen, der vom Sortiment her allerdings dem Krims-Krams-Klamotten-Markt doch sehr ähnelte. Allerdings gab es zwei extra Sektionen: einmal Wahrsagerinnen (brauchen wir nicht, die nächsten 6 Monate werden eh grandios) und einmal Sextoys (als Hamburger ist man von der Reeperbahn dennoch eine größere Auswahl gewohnt). Also haben wir unser Geld lieber in 2 Dosen Bier investiert und uns in den Kowloon Park gesetzt. Auf dem Zimmer wollten wir noch kurz scrabbeln, was allerdings nach dem ersten Zug erst mal pausiert werden musste, da Paul alle Buchstaben losgeworden ist und das Ganze der Mitspielerin so nicht wirklich Spaß macht (aber natürlich wird das Spiel fortgesetzt).

Am nächsten Tag wurde ausgeschlafen, das Zimmer gewechselt und noch einmal Richtung Promenade aufgebrochen. Ein heftiges Gewitter hatte den Smog in der Nacht vertrieben und so konnten wir einen unvernebelten Ausblick auf die Skyline genießen. Dort angekommen, wunderten wir uns über die vielen leeren Stative auf der Promenade, bis uns klar wurde, dass sich hier schon die besten Fotoplätze für das große Feuerwerk am Abend gesichert wurden (welches in gut 9 Stunden beginnen sollte). Dieses ließen wir uns um 9pm natürlich auch nicht entgehen und wurden mit einem wirklichen Spektakel zu Ehren des China National Days inklusive für Autos abgesperrte Straßen belohnt.

Heute sind wir dann in ein anderes Hotel auf Hong Kong Island aufgebrochen, aber davon berichten wir nächstes Mal.

 

Zwischenstop

Da sich trotz des ruhigen Fluges, der Mopo-Online-Meldung, dass es sich bei den Handgranaten nur um Attrappen handelte und einer Tavor-Pille bei Paul eine gewisse Nervosität einstellte, wurde  gleich nach der Landung noch auf dem Rollfeld in MUC eine zusätzliche halbe Tavor-Pille unter die Zunge gedrückt und dann ging es im Schweinsgallop zum nächsten Gate. Das Gute an einer Stunde Umsteige-Zeit: Keine Wartezeiten. Das Schlechte an einer Stunde Umsteige-Zeit: Nur kleine Reserven bei Flugverspätungen. Auf dem nun folgenden Langstreckenflug konnte Miri beim Start sogar Momente der Ruhe genießen, weil Paul seine Start-Wohlfühl-Atmosphäre gefunden hatte (1,5 Tavor, Dixie Chicks über Bose Quiet Comfort) – da schmeckt dann sogar das Flugzeugessen.

Food Plane
Food Plane

Am Ende wurden wir dann noch auf eine harte Probe gestellt, als Pauls Rucksack nicht ankam, das Display am Gepäckband aber hartnäckig behauptete: „All luggage is unloaded“. Gut, dass auch ein Crewmitglied kein Gepäck bekam, so wurde das Ganze dann nach 15 Minuten erfolgreich aufgelöst.