Vientiane

Ziemlich viele Touristen haben uns seit Grenzübertritt nach Laos von Vientiane abgeraten und empfohlen, die Stadt zu überspringen. Höchstens für eine Nacht solle man dortbleiben, die Stadt habe einfach nichts zu bieten. Glücklicherweise haben wir den Ansagen nicht ganz, dafür aber unserem Faible für Hauptstädte vertraut – und wurden belohnt. Sicherlich ist Vientiane nicht mit Bangkok zu vergleichen und auch Phnom Penh hat schon größere Schritte hinter sich, aber die Hauptstadt von Laos bietet dafür eine sehr entspannte Stimmung, eine wunderbare Riverside am Mekong mit kleineren Bars und Restaurants, überschaubaren Verkehr und erzählfreudige Bewohner.

Mit Googlemaps ausgestattet ließen wir uns wieder frühzeitig aus dem Songtheo, in das wir nach der Busfahrt verfrachtet wurden (diesmal handelten wir und schlugen für die 10km einen ordentlichen Preis heraus), schmeißen und gingen (oder um genau zu sein: Paul fiel) die letzten 100m zu Fuß. Während des Blicks auf das Handy und die Karte war ein extrem schief angelegter Kantstein in Pauls Weg, es machte „Wummms“ und Paul lag samt großem Reiserucksack auf dem Rücken längs neben dem Bordstein auf der Straße, das Handy 10m weiter. Roland hätte ihn als rote Vientiane-Wegschnecke bezeichnet. Wir sind kurz vorher über eine grüne Fußgängerampel gegangen, weshalb in dem Moment kein Fahrzeug kam, Paul wieder aufstehen konnte und wir nach einer kurzen Sichtung der Schürfwunden weitergehen und -humpeln konnten. Auch das Handy hatte den Weitwurf einigermaßen gut überstanden. An der nächsten Ecke hielt uns ein etwas älterer Motofahrer an, der gesehen hatte, dass Paul gestürzt war. Er erkundigte sich nach seinem Wohlergehen und wollte uns irgendwohin mitnehmen, aber als wir ihm versicherten, dass alles in Ordnung war, fing er an, uns seine Lebensgeschichte zu erzählen. Er war in Deutschland (genauer: der DDR, natürlich), fand Honecker richtig prima, hatte auch nichts gegen Kohl und gab seine wenigen Worte in deutsch zum Besten. Als er allerdings zum vierten Mal ansetzte, um die Geschichte zu erzählen, insistierten wir doch darauf, Pauls Wunden zumindest säubern zu müssen und verabschiedeten uns recht flink von ihm. Das Hotel war nur drei Minuten entfernt und nach kurzem Abtupfen des Arms und der Hände war schnell klar: alles nicht schlimm, der Knöchel war ein bisschen verstaucht, aber für das Gewicht, was da zu Boden ging, Glück gehabt – hat mich etwa einer fett genannt?

So konnten wir am Abend noch in Richtung Mekong aufbrechen, wieder einmal einen wunderschönen Sonnenuntergang genießen, die Flusspromenade, die für Fußgänger angelegt ist, entlang spazieren und in einer Bar einkehren in der es fantastische Gyoza gab. Die Bar erinnerte Paul an das Berlin der 90ger Jahre. Ein paar Stahlträger und Bretter vor einem Abrissbau, fertig ist die Szene-Sushi-Bar in schöner Lage. Aber lieber nicht daran gewöhnen, denn in spätestens 5 Jahren, aber vielleicht auch schon morgen ist der Bau renoviert und etwas ganz anderes an diesem Ort entstanden. Zum Abschluss wählten wir als Abendessen laotisches Barbecue, das an der Riverside angeboten wurde, kehrten noch in eine Karaoke-Bar mit vielen einheimischen Jugendlichen ein (eine echte Karaoke-Bar wohlgemerkt, nicht die verkappten „Edelpuffs“), trauten uns aber nicht ans Mikro und fielen später sehr zufrieden ins Bett.

Am nächsten Tag verlängerten wir gleich unseren Aufenthalt im Hotel, weil uns schnell klar wurde, dass wir all das nicht in zwei Tagen schaffen würden, was wir uns vorgenommen hatten. Weil Weihnachten war, hatten wir uns ein etwas besseres Hotel ausgesucht, das schöne Zimmer und einen Pool hatte. Das angepriesene Gym war leider noch in der Renovierung, was für Paul kein Problem war, da sein Knöchel mittlerweile auf das 3-fache angeschwollen war, für Miri aber etwas schade. Sie hat mittlerweile ein Sportdefizit und steht unter akuter ADHS-Gefahr. Als erstes machten wir uns auf zu einer Apotheke, um einen Verband für Pauls Knöchel zu finden, verweilten anschließend etwas länger in einem Café und unternahmen nur einen Ministadtbummel. Am frühen Nachmittag machte Miri sich dann trotz der Temperaturen auf zu einer Joggingrunde, denn im nahegelegenem Park gab es obendrein noch Fitnessgeräte. Ausgepowert und kurz vorm Hitzekolapps, aber glücklich war sie nach einer Stunde wieder im Hotel. Abends hatten wir eigentlich ein Weihnachtsessen bei einem hochgelobten Franzosen geplant, da unser Hotel allerdings ein Weihnachtsbarbecue ankündigte, schauten wir als erstes dort vorbei. Es wurde ein etwas unweihnachtlicher, aber sehr lustiger Abend. Das weihnachtlichste war „Jingle-Bells“ in einer schlimmen Quietsche-Version in Dauerschleife. Den ganzen Abend durchlief man die dafür typische Musik-Gefühls-Schleife: amüsiert, mitschunkelnd, genervt, ignorierend, aggressiv, verzweifelt, resignierend. Verköstigt wurden wir mit Hähnchenflügeln, Pommes, Fleischspießen, Frikadellen, Salat, Früchten und Bier. Paul schnackte am Buffet noch einen Typen mit, der ganz alleine an seinem Tisch saß und so etwas geht an Weihnachten natürlich gar nicht. Wie sich herausstellte, war er ein in Singapur lebender Londoner, der viel in Asien unterwegs ist (sowohl beruflich als auch privat) und uns einige neue Reiseziele empfehlen konnte. Der Abend wurde länger und wir irgendwann die letzten Gäste. Also setzte sich die verbleibende Bedienung (die laut eigenen Angaben schon früh gemerkt hatte, „that’s the funny table“) mit an unseren Tisch und unsere Asienkenntnisse wurden weiter vertieft. Den Plan, noch weiter zu ziehen, ließen wir bleiben und somit verbrachten wir den Weihnachtsabend gänzlich im Hotel.

Der nächste Tag bestand aus leichtem kulturellen Programm. Ein paar Sehenswürdigkeiten (Wat Si Saket und Haw Phra Kaew) lagen glücklicherweise nahe unseres Hotels, so dass ihre Besichtigung auch mit Pauls Knöchel kein Problem war. Abends holten wir unseren Besuch beim Franzosen nach. Das Weihnachtsmenü war zwar aus, aber wir wurden trotzdem vorzüglich verköstigt.

Am letzten Tag liehen wir uns Mountainbikes und erkundeten damit die Stadt. Wir fuhren den Mekong entlang und schauten uns Pha That Luang und Patuxai an. Abends mussten wir uns nochmal den Night Market und die Promenade anschauen, die Stimmung dort ist so entspannt und fröhlich. Es gibt öffentliche Sportkurse mit Blick auf den Mekong, Inliner, Jogger, Radfahrer, Biertrinker und alle genießen den lauen Abend miteinander. Bevor es wieder in das etwas ländlichere Laos ging, sind wir erneut zu einem Japaner gegangen und haben das vegetarische Sushi probiert. Geht besser, kann man aber machen. Am nächsten Morgen fuhren wir dann per „VIP-Bus“ (mit ganz vielen anderen VIPs), der auch wirklich mal ganz angenehm war, nach Vang Vieng. Wir waren ziemlich gespannt, wie es dort ausschaut, denn Vang Vieng hat eine sehr wechselhafte touristische Entwicklung in den letzten 10 Jahren durchgemacht. Aber die Geschichtsstunde gibt es dann beim nächsten Eintrag.